Der Mitgliederentscheid der SPD über den Koalitionsvertrag ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Votum sei eine interne Angelegenheit der Partei, befand das Bundesverfassungsgericht. Die Gewissensfreiheit der Abgeordneten werde durch die Abstimmung nicht besonders eingeschränkt.
Stimmzettel zum Mitgliedervotum: Abgeordnete behalten Entscheidungsfreiheit
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Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag gegen den SPD-Mitgliederentscheid über eine Große Koalition mit der Union abgewiesen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Abstimmung wäre unzulässig, entschied eine aus drei Richtern besetzte Spruchkammer des Zweiten Senats.
"Im Wege der Verfassungsbeschwerde können nur Akte der öffentlichen Gewalt angegriffen werden. An einem solchen Akt fehlt es hier", hieß es zur Begründung. Der Abschluss einer Koalitionsvereinbarung zwischen politischen Parteien und die "ihm vorgelagerte oder nachfolgende parteiinterne Willensbildung" könnten nicht als als "staatliches Handeln" angesehen werden, so die Karlsruher Richter.
Koalitionsvereinbarungen müssten vielmehr durch die Abgeordneten des Bundestages weiter umgesetzt werden; dabe seien die Abgeordneten "an Aufträge oder Weisungen nicht gebunden", die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion sei "verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt". Die Entscheidungsfreiheit der Bundestagsabgeordneten sehen die Karlsruher Richter deshalb durch den Mitgliederentscheid nicht beeinträchtigt.
Wie die Parteien diesen parlamentarischen Willensbildungsprozess vorbereiteten, sei grundsätzlich Sache "ihrere autonomen Gestaltung". Und es sei auch nicht erkennbar, so die Verfassungsrichter, dass die damit begründeten Verpflichtungen für die betreffenden SPD-Abgeordneten über das hinausgehe, was ohnehin mit der Fraktionsdisziplin verbunden sei.
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Mitgliedervotums hatte Ende November zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen SPD-Chef Sigmar Gabriel und der ZDF-Moderatorin Marietta Slomka geführt. Hintergrund war die Kritik einzelner Verfassungsrechtler, dass die Mitgliederabstimmung die im Grundgesetz garantierte freie Ausübung des Mandats der SPD-Abgeordneten beeinträchtige. Gegen das SPD-Mitgliedervotum hatten mehrere Bürger beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerden und Eilanträge eingereicht.