Bundesverfassungsgericht Keine Hausdurchsuchung wegen Falschparkens

Das Bundesverfassungsgericht hat der Anordnung von Hausdurchsuchungen enge Grenzen gesetzt. Die Richter stuften mehrere konkrete Durchsuchungsbeschlüsse nachträglich als rechtswidrig ein. In einem Fall hatten Ermittler eine Anwaltskanzlei durchstöbert - wegen zweier Strafzettel.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beanstandete in drei Fällen Wohnungsdurchsuchungen als verfassungswidrig, in denen keine ausreichende richterliche Begründung für den Eingriff vorlag. In heute veröffentlichten Beschlüssen wurde den Verfassungsbeschwerden betroffener Rechtsanwälte und Bürger stattgegeben.

In einem Fall wurde nach einer Messerstecherei in München eine Wohnung gegen 18 Uhr ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss mit einem Drogenspürhund durchsucht. Die Polizei ging davon aus, dass um diese Zeit kein Richter mehr erreichbar sei, der der Maßnahme hätte zustimmen müssen. Laut Verfassungsgericht haben Gerichte jedoch sicherzustellen, dass zwischen sechs Uhr morgens und neun Uhr abends ein Richter erreichbar ist. Darüber hinaus habe es keine Begründung für den Einsatz des Drogenhundes gegeben. Hausdurchsuchungen seien nicht für Zufallsfunde anzuordnen, monierten die Karlsruher Richter.

Zugleich stellte das Gericht klar, dass Betroffene nicht wegen Bagatelldelikten mit derart drastischen Eingriffen in die Unverletzlichkeit der Wohnung überzogen werden dürfen. Sie monierten einen Beschluss des Amtsgerichts Aachen, das wegen zweier Strafzettel von je 15 Euro die Kanzlei eines Rechtsanwalts durchsuchen ließ.

Der Jurist hatte - wie schon in gut einem Dutzend Fällen zuvor - sein Auto im Parkverbot vor dem Justizgebäude in Aachen abgestellt, um Akten auszuladen, wie er behauptete. Mit der Razzia wollte das Gericht herausfinden, ob er tatsächlich einen Gerichtstermin hatte. Die Verfassungsrichter bezeichneten dieses Vorgehen als "evident sachfremd und daher grob unverhältnismäßig und willkürlich".

In einem dritten Fall wurde die richterlich angeordnete Durchsuchung einer weiteren Anwaltskanzlei als verfassungswidrig beanstandet. Der Anwalt hatte in einem Strafprozess einen Richter als befangen abgelehnt, weil dieser in seiner früheren Tätigkeit als Anwalt denselben Mandanten verteidigt hatte. Die Durchsuchung war angeordnet worden, weil der Verdacht bestand, der Anwalt wolle durch Recherchen im persönlichen Lebensbereich Druck auf den Richter ausüben. Der Richter begründete den Verdacht mit einem anonymen Anruf, in dem ihm mit kompromittierenden Veröffentlichungen gedroht worden sei, wenn er sich nicht aus dem Verfahren zurückziehe. Die Kammer gab der Verfassungsbeschwerde des Anwalts gegen die Hausdurchsuchung statt, weil es keine Hinweise gegeben habe, dass dieser für den anonymen Anruf verantwortlich gewesen sei. (Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 2 BvR 876/06, 2 BvR 1141/05, 2 BvR 1219/05)

phw/AP/dpa

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