Rechtsextreme Soldaten Problemfall KSK

Immer neue Berichte über rechtsextreme Soldaten beim Kommando Spezialkräfte (KSK) alarmieren das Verteidigungsministerium. Nach SPIEGEL-Informationen soll der Militärgeheimdienst bei der Eliteeinheit nun genauer hinsehen.
Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) beim Training: Weiterbildungen "zum soldatischen Selbstverständnis"

Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) beim Training: Weiterbildungen "zum soldatischen Selbstverständnis"

Foto: Kay Nietfeld/ dpa

Die Affäre um rechtsextreme Umtriebe beim "Kommando Spezialkräfte" (KSK) weitet sich aus. In einem Bericht an den Bundestag räumt das Verteidigungsministerium erstmals Mängel bei der Verfolgung rechter Soldaten in den Reihen der streng abgeschirmt agierenden Elitekämpfer ein. Als Reaktion kündigt das Haus eine Aufrüstung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) an, des Geheimdienstes der Bundeswehr.

Der Bericht von Staatssekretär Peter Tauber ist nüchtern im Ton und wird doch deutlich. So erklärt Tauber, allein die hohe Zahl von Verdachtsfällen innerhalb der Eliteeinheit lasse "in der Tat die Frage aufkommen, ob die bereits getroffenen Maßnahmen und etablierten Instrumente hinreichend sind". Folglich habe das Ministerium ein "umfangreiches Maßnahmenpaket" beschlossen, um entschiedener gegen rechte Soldaten in der Einheit zu ermitteln.

In den letzten Monaten hatte das Ministerium in vertraulichen Sitzungen einräumen müssen, dass der MAD derzeit rund zwei Dutzend KSK-Soldaten wegen möglicher rechtsextremer Tendenzen beobachtet. Vor gut zwei Wochen dann wurde eine verdeckte MAD-Operation gegen drei mutmaßliche Rechtsradikale innerhalb des KSK durch eine "Bild"-Meldung öffentlich und musste abgebrochen werden. Seitdem ermittelt das Ministerium in den eigenen Reihen wegen Geheimnisverrats.

Laufende Disziplinarverfahren

Auf die hohen Verdachtszahlen innerhalb der nur rund 1000 Mann starken Spezialeinheit geht das Schreiben nicht ein. Allerdings berichtet Tauber, dass aktuell fünf Disziplinarverfahren "wegen rechtsextremistischer Vorfälle mit einem Bezug zum KSK" laufen. Zwei der Fälle sind demnach noch im Status von Vorermittlungen, drei indes werden bereits gerichtlich verhandelt. Die Verfahren dienen meistens dazu, extremistische Soldaten aus der Bundeswehr zu entfernen.

Die immer neuen Meldungen über rechtsextreme Elitekrieger sorgen bis hoch in die Leitung des Ministeriums für Aufregung. Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ließ sich bereits mehrmals über den Stand der MAD-Ermittlungen im KSK unterrichten. Öffentlich kündigte sie schonungslose Nachforschungen an. Auffällig war, dass Kramp-Karrenbauer im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin ausdrücklich die Möglichkeit erwähnte, dass es rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr gibt.

Auch in dem Staatsekretärsschreiben wird dieser schwerwiegende Verdacht erwähnt. Etwas umständlich heißt es dort, dass "Bezüge zwischen einzelnen Verdachtspersonen oder zu anderen Angehörigen" der Bundeswehr geprüft und dazu auch nachrichtendienstliche Mittel wie Observationen oder Telefonüberwachungen  eingesetzt werden könnten. Allein der Einsatz dieser Mittel zeigt, dass die Indizien zu solchen Netzwerken in der Bundeswehr ziemlich konkret sind.

Der Tauber-Bericht soll demonstrieren, dass das Ministerium bereits handelt. So wurde unterhalb der Leitung eine zentrale Koordinierungsstelle gegründet, die für Kramp-Karrenbauer ein stets aktuelles Lagebild über die aktuellen Ermittlungen erstellt und das Zusammenspiel von MAD und den Disziplinarstellen der Bundeswehr organisieren soll. Ebenso gestärkt werden soll die Kooperation des MAD mit dem Verfassungsschutz.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer: Stets aktuelles Lagebild

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer: Stets aktuelles Lagebild

Foto:

Armando Babani / EPA-EFE/REX

Zudem kündigt das Ministerium deutlich schärfere Ermittlungen des MAD an. So sollen die Möglichkeiten für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Observationen und Kommunikationsüberwachung in Zukunft "voll ausgeschöpft" werden. Beim MAD werde dazu die technische Abteilung aufgestockt und das Fachreferat für die sogenannten G10-Maßnahmen personell verstärkt werden.

Bewerber werden genauer durchleuchtet

Beim KSK selbst hat das Ministerium Weiterbildungen "zum soldatischen Selbstverständnis" initiiert und Leitsätze "als moralische Richtlinie für das Handeln und Auftreten aller Kommandosoldaten" verteilt. Daneben, heißt es in dem Schreiben, wird das Einstellungsverfahren für die Elitetruppe noch einmal geschärft, um Extremisten schon dort abzuwehren.

Die Opposition reagierte verhalten auf den Bericht des Ministeriums. "Das Verteidigungsministerium scheint das Problem von rechten Tendenzen und der auffälligen Häufung gerade beim KSK endlich nicht mehr zu verharmlosen", sagte die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger. Dennoch handle das Haus von Kramp-Karrenbauer "viel zu spät und schwerfällig".

Brugger betonte, die Mehrzahl der Bundeswehrsoldaten verrichte ihren Dienst tadellos, allen extremistischen Tendenzen aber müsse man "mit maximaler Wachsamkeit und der Härte des Rechts" nachgehen. Bis heute wirke das Ministerium dabei noch immer "gefährlich hilflos", kritisierte die Grünenpolitikerin.

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