Probleme mit Bundeswehr-Standardwaffe
Bundestag stoppt Beschaffung von G36-Gewehr
Nach immer neuen Meldungen über Probleme beim Sturmgewehr G36 zieht der Bundestag die Notbremse: Der Haushaltsausschuss hat vorerst alle weiteren Bestellungen der Waffe abgesagt.
Bundeswehrrekrut bei Übung mit G36-Gewehr: Budget vorerst auf Eis gelegt
Foto: Arno Burgi/ dpa
Berlin - Die Bundeswehr kann vorerst keine weiteren Lieferungen des Standard-Gewehrs G36 mehr einkaufen. In einem Beschluss des Haushaltsausschusses, der alle Budgets für die Truppe freigeben muss, beantragten am Mittwoch Regierungsparteien und Opposition gemeinsam, dass dem Ausschuss sofort alle Verträge zu weiteren Beschaffungen des Gewehrs vorgelegt werden müssen.
Der Entscheid illustriert die Verunsicherung im Ausschuss nach immer neuen Berichten über Schwierigkeiten mit dem G36. "Faktisch sind erst einmal alle Beschaffungen des G36 gestoppt, bis die Ursache der Probleme zweifelsfrei geklärt wurde", sagte der grüne Haushaltsexperte Tobias Lindner nach einer Beratungssitzung des Gremiums.
Der Bundesrechnungshof hatte an der Waffe aus dem Hause Heckler & Koch kritisiert, dass sie bei Wärmeeinwirkung etwa durch Sonnenlicht sowie Dauerfeuer Ungenauigkeiten im Trefferbild aufweise. Seit den Neunzigerjahren hat die Bundeswehr mehr als 180.000 Stück abgenommen. Dort hatte man auf die Kritik, die interne Prüfer sogar bestätigt hatten, jahrelang nicht reagiert. Aus Sicht des Rechnungshofs hatten Truppenführung und Ministerium die Mängel sogar verniedlicht und vertuscht.
Vergiftetes Verhältnis zwischen Truppe und Prüfern
Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte kürzlich überraschend eine neue Prüfung der Waffe durch interne und externe Experten zugesagt, nachdem auch unter ihrer Führung kritische Berichte zu der Waffe aufgetaucht waren.
Derzeit hat die Bundeswehr zwei Budgets für neue G36 in Planung, laut einem Papier für den Verteidigungsausschuss sind das 6000 Nachrüstsätze beim Heer und weitere 2400 Exemplare für das Projekt Infanterist der Zukunft. Beide Anschaffungen sind nun vorerst gestoppt. Ein Satz mit Nachrüstmaterial für das Kommando Spezialkräfte (KSK) soll allerdings trotzdem gekauft werden, das jedenfalls berichtete ein Bundeswehrvertreter im Verteidigungsausschuss.
Wie der Konflikt zwischen Bundeswehr, dem Rechnungshof und dem Hersteller Heckler & Koch entschärft werden kann, ist derzeit völlig unklar. Die Oberndorfer Waffenschmiede bezeichnet die Waffe bis heute als vollkommen einwandfrei und hatte am Dienstag schwere Geschütze gegen den Rechnungshof aufgefahren: Sie warf dem Gremium Rufschädigung vor. Auf die Ministerin wartet nun die Aufgabe, die zerstrittenen Parteien an einen Tisch zu bekommen.