Einsatz beendet Letzte Bundeswehr-Maschine aus Afghanistan in Deutschland gelandet

Ein Soldat wird nach der Ankunft in Wunstorf begrüßt
Foto: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH / AFPNach fast 20 Jahren ist der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr endgültig Geschichte. Die drei Transportmaschinen vom Typ A400M landeten gegen Mittag im niedersächsischen Luftwaffen-Stützpunkt Wunstorf. Sie waren am Morgen in Georgien gestartet, wo sie auf dem Weg aus Afghanistan eine Zwischenlandung gemacht hatten.
Der Auftrag sei in herausragender Weise erfüllt worden, sagte der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, Generalleutnant Erich Pfeffer, bei einem Rückkehrerappell und lobte die Soldaten. »Sie haben sich nicht beirren lassen von unklaren Lagen, häufigen Änderungen der Rahmenbedingungen und auftretenden Friktionen.«
Einen großen Empfang gab es für die Rückkehrer wegen der Coronapandemie nicht.

Soldaten steigen in Wunstorf aus dem Airbus A400M
Foto: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH / AFPDie Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) sprach von einem »bewegenden Moment«. Sie freue sich, »dass alle sicher zurück nach Deutschland gekommen sind«, teilte Högl in einem Statement mit. Die rund 160.000 Soldatinnen und Soldaten hätten ihren Auftrag in Afghanistan erfüllt. »Für diese Leistung gebührt Ihnen Dank und Anerkennung«, so Högl. Sie erinnerte auch an die Opfer: »Dieser Einsatz hat die Bundeswehr geprägt: 59 Soldaten haben in Afghanistan ihr Leben gelassen, es gab und gibt viele, die seelisch verwundet sind.«
Die Verteidigungspolitikerin regte eine kritische Aufarbeitung des Einsatzes durch eine Enquete-Kommission des Bundestages an. Högl verwies darauf, dass die Bundeswehr vom Parlament nach Afghanistan entsandt worden sei. »Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung, jetzt auch eine kritische und ehrliche Bilanz zu ziehen.«
Nach 20 Jahren freundlicher Beziehungen sei es, »wie einen guten Freund zu verlieren«, sagte General Khanullah Schudschah, der Kommandeur des 209. Corps der afghanischen Armee in Masar-i-Scharif. Er hatte vor dem Abflug der Bundeswehrtruppen Geschenke mit dem deutschen Kommandeur Ansgar Meyer ausgetauscht. Er habe von Meyer ein Schwert erhalten und diesem einen handgeknüpften Teppich geschenkt, sagte Schudschah.
Der Einsatz hatte mehr als 12 Milliarden Euro gekostet und war der verlustreichste in der Geschichte der Bundeswehr. Zuletzt war der Kernauftrag der Nato-Truppe die Ausbildung afghanischer Streitkräfte.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch erklärte den Einsatz für gescheitert. »Ich glaube nicht, dass Afghanistan befriedet ist«, sagte Bartsch den Sendern RTL/n-tv. »Wenn man sieht, wie überstürzt die deutschen Soldaten und auch die anderen Nato-Soldaten das Land verlassen, ist das keine gute Bilanz.«
Tatsächlich verschlechtert sich die Sicherheitslage in Afghanistan seit der Abzugsankündigung der Nato zusehends. Immer wieder kam es zuletzt zu Anschlägen und Angriffen, bei denen auch Dutzende Zivilisten ums Leben kamen. Auch die radikalislamischen Taliban weiteten ihren Einfluss zuletzt erheblich aus.
Das US-Verteidigungsministerium schätzt, dass die Taliban mittlerweile 81 der 419 Distrikte in Afghanistan kontrollieren. Auch dem deutschen Feldlager in Masar-i-Scharif waren die Kämpfer zuletzt bedrohlich nah gekommen. Für die USA galt zuletzt der Unabhängigkeitstag am 4. Juli als Stichtag für den vollständigen Abzug. Allenfalls bis zu 650 US-Soldaten sollen darüber hinaus in Afghanistan stationiert bleiben, um die US-Botschaft in Kabul zu schützen und gegebenenfalls den internationalen Flughafen in der Hauptstadt zu sichern.
Pro-Asyl fordert Klarheit über Aufnahme von Bundeswehr-Helfern
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl drängte indes auf klare Zusagen für die Aufnahme von der Bundeswehr beschäftigter Ortskräfte nach Deutschland. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) müsse »offenlegen, wie und auf welchem Wege die bedrohten Ortskräfte gerettet werden«, erklärte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt.
Kramp-Karrenbauer hatte sich bereits am Vorabend zum Ende der Präsenz in Afghanistan geäußert: »Ein historisches Kapitel geht zu Ende, ein intensiver Einsatz, der die Bundeswehr gefordert und geprägt hat, bei dem sich die Bundeswehr im Kampf bewährt hat. Ein Einsatz, bei dem Angehörige unserer Streitkräfte an Leib und Seele verletzt wurden, bei dem Menschen ihr Leben verloren haben, bei dem wir Gefallene zu beklagen hatten.«