Bundeswehreinheit KSK Ermittlungen nach abstoßender Feier von Elitesoldaten

Soldaten des Kommando Spezialkräfte bei einer Übung in Magdeburg
Foto: Kay Nietfeld/ dpaDer Bundeswehr droht wegen einer ausgelassenen Feier von Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) ein neuer Skandal. Nach SPIEGEL-Informationen laufen seit mehreren Wochen Ermittlungen, ob bei der Abschiedsparty für einen Oberstleutnant einer KSK-Kompanie Dienstvorschriften missachtet wurden.
Auf jeden Fall, so heißt es in der Militärführung, sei die Party der Kompanie "total geschmacklos" gewesen, offensichtlich sei die Idee der Soldaten für ihren Kameraden "völlig aus dem Ruder gelaufen". Zudem hätten die abstoßenden Details das Potenzial, den guten Ruf des KSK, aber auch der Bundeswehr insgesamt zu schädigen, so ein hochrangiger Offizier.
In Gang gekommen waren die Ermittlungen nach einer Anfrage des Journalisten-Netzwerks "Y-Kollektiv" . Demnach sollen die Soldaten für ihren scheidenden Kompaniechef Pascal D. eine Art altrömische Feier organisiert haben. In diesem Rahmen sei auch ein Parcours aufgebaut worden, den die Partygäste, allen voran Pascal D., durchlaufen sollten.
Dabei hätten die Soldaten neben Bogenschießen auch eine Art Weitwurfwettbewerb mit den Köpfen toter Schweine veranstaltet. Für den Sieger des Parcours habe als "Gewinn" eine aus Hamburg angereiste Frau bereitgestanden. In einem Beitrag, den das ARD-Magazin "Panorama" am Donnerstagabend ausstrahlen wird, kommt sie anonymisiert ausführlich zu Wort.
In dem TV-Beitrag berichtet die Frau, ein KSK-Soldat habe sie für die Feier engagiert, da man sich über das Dating-Netzwerk Tinder gekannt habe. Nach Durchlaufen des Parcours, so ihre Aussage, sollte Pascal D. sie als "Gewinn" bekommen. "Dann darf er dich mit ins Zelt nehmen und ordentlich an dir austoben", soll der Soldat ihr per Messenger geschrieben haben. Ob sie für den Auftritt bezahlt wurde, blieb zunächst offen.
Abseits des geschmacklosen Parcours soll es bei der Feier am 27. April auf dem Schießstand "Im Bernet" direkt an der A8 bei Sindelfingen auch zu rechtsextremen Entgleisungen der KSK-Soldaten gekommen sein. Soldaten sollen den Hitlergruß gezeigt haben, am Lagerfeuer hätten sie Songs der rechtsextremen Band "Sturmwehr" gehört.
"Ave Cäsar" statt Hitlergruß?
Bei der Bundeswehr sorgte die Anfrage für hektische Ermittlungen. In den letzten Wochen wurden die Soldaten des KSK vernommen. Dabei, so heißt es in der Truppe, sei die Party als eine Art altrömisches Spektakel dargestellt worden, bei dem alle Teilnehmer in einer Robe erschienen. Das alles sei aber nur ein Spaß gewesen.
In entscheidenden Details stellen die Soldaten die Feier anders dar. So sei zu keinem Zeitpunkt der Hitlergruß gezeigt worden, vielmehr habe man sich entsprechend dem Motto der Party mit "Ave Cäsar"-Gesten begrüßt und dazu den rechten Arm gehoben. Die Anwesenheit der Escort-Dame bestätigten die befragten Soldaten, zum Geschlechtsverkehr sei es aber nicht gekommen.
Aus Sicht des Heeres sind die Ermittlungen fast abgeschlossen. Nach den Recherchen gebe es keinerlei Hinweise auf strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, heißt es. Ob die betroffenen Soldaten dienstrechtlich belangt werden, ist indes noch offen. Allein das Bestellen einer Escort-Dame scheint auf den ersten Blick die Anstandspflicht zu verletzen.
Ministerium hält sich zurück
Für das KSK, die Elitetruppe der Bundeswehr, ist der Vorgang mehr als nur peinlich. In dem "Panorama"-Beitrag wird die Frage aufgeworfen, ob rechte Tendenzen unter den Kommando-Kämpfern weit verbreitet sind. Die Zeugin sagte aus, keiner der rund 60 anwesenden KSK-Soldaten habe sich an den Hitlergrüßen gestört oder sich beschwert.
Oberstleutnant Pascal D. gilt beim KSK als Vorbild der eingeschworenen Truppe. Intern wird der muskelbepackte und mit Tätowierungen geschmückte Kick-Boxer als Held gefeiert, weil er in Afghanistan vor Jahren einen verletzten Kameraden trotz feindlichen Feuers aus einem Wald schleppte. Der Mann erlag später seinen Verletzungen.

Verteidigungsministerin von der Leyen an der Führungsakademie der Bundeswehr
Foto: Daniel Reinhardt/ dpaAuch für das Verteidigungsministerium ist die abstoßende Party ein Problem. Chauvinistische Rituale ausgerechnet bei den Besten der Besten in der Truppe passen nicht in das durch Ursula von der Leyen präsentierte Bild einer modernen Bundeswehr.
Gleichwohl hat sich das Ministerium bisher aus dem Vorgang herausgehalten und das Heer ermitteln lassen. Insider mutmaßen, dass sich von der Leyen nach der Kritik, sie habe Missstände wie bei der Sanitäter-Ausbildung in Pfullendorf medial aufgebauscht, um sich als knallharte Aufklärerin zu inszenieren, nicht noch angreifbarer machen will.
Am Donnerstag trat die Ministerin an der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr auf, hier sollte es um einen neuen Traditionserlass für die Truppe gehen. Die Presse-Offiziere stellten aber sicher, dass die anwesenden Journalisten der Ministerin keine Frage zur KSK-Affäre stellen konnten.
Wie lange die Ministerin zu dem Fall schweigen kann, ist schwer zu sagen. Schon kurz nach den ersten Berichten jedenfalls sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Tübingen, dass man wegen der Aussagen über die Party der KSK-Soldaten wohl Ermittlungen einleiten werde.