Bundeswehr in Afghanistan
Auch Merkel spricht von "kriegsähnlichen Zuständen"
Erst Guttenberg, jetzt Merkel: Auch die Kanzlerin meidet das Wort "Krieg" nicht mehr, wenn sie vom Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr spricht. Damit stärkt sie ihren Verteidigungsminister - der mehr Soldaten an den Hindukusch entsenden will.
Berlin - Franz Josef Jung hatte sich als Verteidigungsminister noch beharrlich geweigert, von "Krieg" in Afghanistan zu sprechen. Doch erst wandte sich sein Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kurz nach seinem Amtsantritt gegen Beschönigungen der Lage. Jetzt spricht auch Kanzlerin
(CDU) erstmals von "kriegsähnlichen Zuständen" in dem Land am Hindukusch.
"Ich teile die Meinung von Verteidigungsminister zu Guttenberg, dass aus der Sicht unserer Soldaten kriegsähnliche Zustände in Teilen Afghanistans herrschen, auch wenn der Begriff Krieg aus dem klassischen Völkerrecht auf die jetzige Situation nicht zutrifft", sagte Merkel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Guttenberg hält sich zurzeit zu einem Truppenbesuch in Kunduz auf - dort versprach er
Verstärkung für die Soldaten und genehmigte die Entsendung einer frischen Infanteriekompanie aus Deutschland. Die rund 120 neuen Soldaten, die hauptsächlich den Schutz des Camps verbessern sollen, werden bereits im Januar in Kunduz ankommen. Damit ist das aktuelle Mandat des Bundestags für die Afghanistan-Mission voll ausgeschöpft, die Obergrenze liegt bei 4500 Soldaten.
Merkel sprach sich in dem Interview mit der "FAZ" zudem dafür aus, auf der für Januar geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz eine zeitliche Perspektive festzulegen, bis wann die afghanische Regierung selbst für die Sicherheit in ihrem Land sorgen könne. Davon hingen die künftige Strategie der internationalen Gemeinschaft und auch die Zukunft des Einsatzes deutscher Soldaten ab, sagte Merkel. Solange es eine solche Perspektive nicht gebe, solle die Anzahl der Soldaten am Hindukusch unverändert bleiben. Die
hatte am Donnerstag angekündigt,
bereits Mitte 2010 den afghanischen Sicherheitskräften mehr Verantwortung zu übertragen. Schrittweise sollten die einheimischen Kräfte mehr Kontrollen in einzelnen Provinzen durchführen.
Bei einem Selbstmordanschlag auf US-Truppen am Rand der Hauptstadt Kabul wurden unterdessen am Freitag mindestens sechs Menschen verletzt. Bei den Opfern handle es sich um drei ausländische Soldaten und drei Zivilpersonen, sagte ein afghanischer Polizeisprecher. Der Anschlag richtete sich gegen Camp Phoenix, einen Logistik-Stützpunkt der US-Streitkräfte in Afghanistan. US-Soldaten und afghanische Polizisten riegelten die Straße ab. Zu dem Anschlag bekannten sich die Taliban. Südlich von Kabul wurde ein afghanischer Polizist bei einer Minenexplosion getötet.
Der britische Premierminister Gordon Brown zeigte sich am Freitag zuversichtlich, dass die Nato-Staaten den Kampf gegen die Taliban mit zusätzlichen 5000 Soldaten unterstützen werden. In einem BBC-Interview verteidigte Brown den Einsatz, erklärte aber auch, London müsse angesichts immer mehr getöteter Soldaten seine "Vorgehensweise anpassen".