Bundeswehr-Jahresbericht "Ausrüstungsmisere in allen Teilen der Truppe"
Es ist ein dramatisch schlechtes Bild vom Zustand der Truppe: Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Bundestags hat in Berlin seinen Jahresbericht vorgestellt - das Dokument ist ein vernichtendes Zeugnis für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre Reform der Bundeswehr.
In dem 115-seitigen Bericht beschreibt der Ombudsmann aller Soldaten die Situation so deutlich wie selten. Demnach bestehe eine "Ausrüstungsmisere in allen Teilen der Truppe".
Die Ministerin, die am Ende ihrer vierjährigen Amtszeit steht, und ihre Reformbemühungen griff Bartels in einer Stellungnahme scharf an. So hätten sich die Lücken bei Personal und Material trotz angekündigter Trendwenden eher noch vergrößert. "Das war 2015. Jetzt haben wir 2018, und am System des Hin- und Herschiebens hat sich nichts geändert", sagte Bartels. "Die Materiallage bleibt dramatisch schlecht, an manchen Stellen ist sie noch schlechter geworden." Von der Trendwende sei "nichts oder fast nichts zu spüren".
Aufgaben nicht erfüllen
Bartels ist SPD-Mitglied, als Wehrbeauftragter aber parteiunabhängig. In seinem Bericht konstatiert er sogar, die Truppe könne wegen der desolaten Ausrüstung ihre Aufgaben, zum Beispiel für die Nato-Militärallianz, nicht oder nur unzureichend erfüllen.
Wörtlich schreibt Bartels, es bleibe fraglich, wie das Heer den deutschen Beitrag zur Nato-Eingreiftruppe stellen solle, die 2019 voll einsatzbereit sein soll. Für die Truppe müssen rund 4500 Mann plus Gerät einsatzbereit sein.

Bartels mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble
Foto: Wolfgang Kumm/ dpaIn den vergangenen Tagen hatten mehrere interne Papiere des Wehrressorts erneut den desolaten Zustand der Truppe illustriert. Zum einen ging es um die mangelnde Einsatzbereitschaft von Panzern aber auch den Mangel an wichtigem Material wie Schutzwesten.
"Kritische Marke erreicht"
Bartels schreibt nun, die tatsächliche Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme sei "in vielen Bereichen dramatisch niedrig". So habe der Zustand der Leopard-Panzer der Bundeswehr "eine kritische Marke erreicht", ähnlich sehe es beim fliegenden Gerät aus.
Fast zynisch erklärt Bartels mit Blick auf von der Leyens Reformbemühungen, eine "politische Veränderungsabsicht" bestehe zwar, alle Maßnahmen aber würden viel zu langsam und unentschlossen verwirklicht. Es müsse endlich Tempo in die Reformen kommen.
Zwischen den Zeilen unterstellt Bartels der Ministerin sogar ein Täuschungsmanöver. Über die vielen Gutachten, die sie zur Analyse der Lage in Auftrag gab, schreibt der Wehrbeauftragte kurz und knapp: "Papiertiger sind keine echte Hilfe" beim Abstellen der vielen Mängel.
Ministerin hält Berichte für übertrieben
Ursula von der Leyen scheint wegen des Berichts nervös zu sein. Schon vor der offiziellen Präsentation hieß es aus ihrem Haus, die Berichte über die Mängel seien massiv übertrieben, zudem handele es sich zum großen Teil um Wasserstände, die keine allgemeine Lage darstellten.
Konkret betonte das Ministerium, trotz der teils schlechten Einsatzbereitschaft sei keiner der internationalen Aufträge gefährdet, es gebe auch keine Klagen von Verbündeten über die Leistung der Bundeswehr. Allerdings wurde eingeräumt, dass viele der beschlossenen Verbesserungen und Reformen noch nicht bei der Truppe spürbar seien.
Besorgt zeigte man sich im Ministerium um die Wirkung der täglich neuen Schlagzeilen über die Bundeswehr. "Dieses grottenschlechte Erscheinungsbild macht uns große Sorge", heißt es. Dies sei einerseits für die Motivation der Soldaten aber auch für die Rekrutierung des Nachwuchses negativ.
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