Bundeswehr Koalitionspolitiker stellen Libanon-Einsatz in Frage
Berlin - Der Einsatz der Bundeswehr im Libanon - eine Farce? Für die deutsche Marine gibt es im Mittelmeer vor der libanesischen Küste nicht viel zu tun. Die Bewegungsfreiheit der Unifil-Flotte wurde auf Druck der Hisbollah begrenzt. Die libanesische Regierung setzte im Oktober, nach dem Votum des Bundestags, in Verhandlungen mit der Uno Einschränkungen durch. Die Schiffe dürfen demnach innerhalb einer Sechs-Meilen-Zone vor der Küste nur "auf Anforderung Libanons" operieren - besagt jedenfalls ein vertraulicher Vermerk an den Verteidigungsausschuss des Bundestags.
Immer mehr Bundestagsabgeordnete - auch aus SPD und Union - stellen den Einsatz nun in Frage. "Würde der Libanon nicht kooperativ sein, würde dies das Scheitern des Mandats bedeuten", sagt SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der "Bild"-Zeitung. Sein Parteikollege Jörn Thießen ergänzte: "Wenn der Einsatz keinen Effekt bringt, wird das die teuerste Seeübung, die wir bisher gemacht haben." Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen kritisiert vor allem Israel. Er sagte der "Berliner Zeitung", Israel dringe regelmäßig in den libanesischen Luftraum ein. Dies seien "Provokationen, die den Waffenstillstand gefährden". Verteidigungsminister Franz Josef Jung müsse dies auf seiner Israel-Reise am Wochenende deutlich ansprechen.
Die FDP fordert einen Abbruch der Mission. Generalsekretär Dirk Niebel sagte: "Wir sollten unsere Marine heimholen, ehe uns der Einsatz wirklich teuer zu stehen kommt. Das Mandat ist ungeklärt und darüber hinaus höchst gefährlich, wie die Zwischenfälle gezeigt haben."
Die Linkspartei stellt den Sinn militärischer Auslandseinsätze insgesamt in Frage. Kriege wie in Afghanistan und im Irak seien militärisch nicht zu gewinnen, sagte Linkspartei-Außenpolitiker Wolfgang Gehrcke. Deutschland brauche deshalb eine "Exit-Strategie aus sämtlichen Auslandseinsätzen und muss Schritt für Schritt die deutschen Soldaten aus dem Ausland zurückholen". In Nahost seien die Soldaten in eine "ausweglose Situation gebracht" worden - israelische Militäraktionen oder Provokationen zu unterbinden und zugleich eine Konfrontation zu vermeiden.
Verwirrung über israelische Schüsse
Über die Zwischenfälle zwischen deutschen und israelischen Streitkräften vor der libanesischen Küste gibt es inzwischen auch innerhalb der Bundesregierung widersprüchliche Darstellungen. "Nach meinen Informationen ist nicht geschossen worden", sagte Kanzleramtsminister Thomas de Maizière am Abend dem Sender Phoenix. Das deutsche Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, es halte an seiner Darstellung fest, wonach israelische Kampfflugzeuge beim Überfliegen des deutschen Aufklärungsschiffes "Alster" am vergangenen Dienstag zwei ungezielte Schüsse abgegeben hatten.
Nach mittlerweile drei Zwischenfällen zwischen israelischen und deutschen Streitkräften vor der libanesischen Küste hatte Israels Ministerpräsident Ehud Olmert am Sonntag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert und ihr zugesichert, derartige Vorfälle würden sich nicht mehr wiederholen.
Das Flottendienstboot "Alster" war nach Angaben der Bundeswehr von sechs israelischen Kampfjets des Typs F-16 in niedriger Höhe überflogen worden. Die israelischen Jets hätten dabei Täuschkörper ausgestoßen und zwei ungezielte Schüsse abgefeuert.
Das deutsche Aufklärungsschiff untersteht nicht dem Uno-Verband Unifil, stellt seine Erkenntnisse dem Verband aber zur Verfügung. Es kann einen Umkreis von mehreren hundert Kilometern überwachen und mit seinen Sensoren in diesem Gebiet Radar-, Laser- und Infrarotsignale wahrnehmen. Zu dem Uno-Marineverband unter deutscher Führung gehören mehr als 20 Schiffe aus sieben Nationen. Ihre Aufgabe ist es, den Waffenschmuggel an die radikalislamische Hisbollah zu unterbinden.
ler/ddp/dpa/Reuters