Marine Neues Kampfschiff wird teurer - und kommt später

Mit dem Projekt MKS 180 will das Verteidigungsministerium ein völlig neuartiges Mehrzweckkampfschiff anschaffen. Nun aber muss es eine deutliche Kostensteigerung einräumen - noch vor Vertragsschluss.
Verteidigungsministerin von der Leyen, Korvette "Magdeburg"

Verteidigungsministerin von der Leyen, Korvette "Magdeburg"

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen war ursprünglich angetreten, das Beschaffungswesen der Bundeswehr auf den Kopf zu stellen. Es sollte schneller gehen, dringend benötigtes Kriegsgerät zu bestellen, und die Preise dafür sollten nicht immer weiter steigen.

Da trifft es sich schlecht, kurz vor Ende der Legislaturperiode ausgerechnet bei einem Prestigeprojekt zugeben zu müssen: Es verzögert sich und es wird teurer.

Doch genau das musste ihr Haus heute gegenüber dem Parlament einräumen. Das sogenannte Mehrzweckkampfschiff (MKS) 180 wird definitiv erst nach der Bundestagswahl angeschafft. Es sei zudem "eine Nachjustierung" nötig mit einem "zusätzlichen Finanzbedarf von 525 Millionen Euro", steht in dem Schreiben an die Mitglieder des Verteidigungs- und Haushaltsausschusses im Parlament.

Ursprünglich wollte von der Leyen vier Schiffe dieser neuen Fregattenklasse bestellen, legte dann im Februar dieses Jahres zwei Schiffe obendrauf. Jedes soll Platz für bis zu 180 Personen bieten, über 21 Tage ohne Versorgung auf dem Wasser sein.

An Bord wird es Waffen haben, mit denen sich Angreifer aus der Luft und vom Wasser zurückschlagen lassen. Die Marine soll damit sowohl auf Auslandseinsätze, etwa zur Abwehr von Piraten, als auch zur Landesverteidigung in See stechen können. Kostenpunkt ursprünglich: vier Milliarden Euro.

Politiker aus dem Norden drängeln

Drei Werften sind als Bieter derzeit im Rennen: Neben ThyssenKrupp Marine Systems ein Zusammenschluss der Lürssen Werft sowie German Naval Yards aus Kiel.

Doch die Verhandlungen mit den drei Unternehmen gerieten in den vergangenen Monaten ins Stocken. Als sich abzeichnete, dass es mit dem Auftrag in dieser Legislaturperiode nichts mehr werden würde, schwenkte die Verteidigungsministerin plötzlich um und will nun mit dem bereits im Haushalt reservierten Geld weitere Korvetten vom Typ 130 anschaffen.

Dies geschah offensichtlich auf Drängen von zwei Bundestagsabgeordneten der Großen Koalition mit Wahlkreisen an Nord- und Ostsee. Selbst Verteidigungspolitiker der Regierungskoalition kritisieren von der Leyen für diese umstrittene Kehrtwende. Gegen die freihändige Vergabe ohne Ausschreibung hat eine Werft bereits Klage angedroht.

Und jetzt muss die CDU-Frau auch noch Preissteigerungen bei den MKS 180 verkünden. In dem Schreiben versuchen ihre Beamten die halbe Milliarde Euro deshalb wortreich kleinzureden. Es sei in harten Verhandlungen gelungen, einen Teil der Ausstattung zu reduzieren.

Wird von Hand enteist? Oder automatisch?

Ursprünglich sollten die neuen Fregatten auch an den Polkappen operieren, weswegen für das Hubschrauberlandefeld eine automatische Enteisungsanlage eingeplant war. Da die Marine sicher ist, dass man das Flugdeck auch mit Personal enteisen und so in der Arktis operieren kann, habe man darauf verzichtet. "So konnten die Kosten in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro reduziert werden", schreibt das Ministerium ans Parlament.

Verklausuliert bedeutet dieses Eigenlob allerdings gar nichts Gutes: Bei einem Plus von derzeit 525 Millionen Euro heißt es nichts anderes, als dass die Kosten um insgesamt über 800 Millionen Euro in die Höhe geschossen sind. Warum, das wollte das Verteidigungsministerium den Parlamentariern schriftlich nicht so genau mitteilen.

Offensichtlich spielt für die Bundesregierung Geld derzeit keine Rolle. Schließlich dreht sich die Debatte derzeit um das Drängen von US-Präsident Donald Trump, Deutschland möge seinen Verteidigungshaushalt vergrößern. Da kommt die halbe Milliarde plus bei der MKS 180 wohl geradezu gelegen.

Bei der Opposition in Berlin allerdings sorgen die Kostensteigerungen für Kritik. "Frau von der Leyen bleibt der negativen Tradition in ihrem Ministerium treu", sagt der Grünen-Haushaltsexperte Tobias Lindner zu SPIEGEL ONLINE. Kostensteigerungen würden als Erfolg verkauft, und das "obwohl absolut unklar ist, wann das Projekt überhaupt realisiert wird".

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren