
Computerpanne: Hubschrauberausfälle bei der Bundeswehr
Neue Panne bei der Bundeswehr Transporthubschrauber müssen am Boden bleiben
Berlin - Es waren martialische Worte, mit denen in dieser Woche die Nato-Verteidigungsminister eine neue, 30.000 Mann starke Eingreiftruppe ankündigten. Eine "Speerspitze" sei das, die innerhalb von 48 Stunden 5000 Kämpfer losschicken könnte Richtung Osten. Es gehe darum, Russland klarzumachen, dass man die östlichen Partnerländer nicht im Stich lässt, falls ihnen eine Aggression drohen würde.
Doch angesichts dieser Drohgebärde ist es für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) umso unangenehmer, dass sie daheim in Berlin wieder einmal eine neue Hiobsbotschaft aus ihrem desolaten Gerätewesen erhalten hat.
Beim fliegenden Gerät der Bundeswehr herrscht derzeit Chaos. Schuld ist eine schadhafte Software, mit der die Wartung der Maschinen überwacht und Ersatzteile beschafft werden. Nach einem Update sind die Daten derart durcheinandergeraten, dass die Techniker nicht mehr nachvollziehen können, welche der Maschinen überhaupt noch flugtauglich ist.
Besonders betroffen von der Software-Panne ist der Bundeswehr-Transporthubschrauber NH 90, ausgerechnet eines jener Waffensysteme, die für eine schnelle Eingreiftruppe von herausragender Bedeutung sind. Vor dem Verteidigungsausschuss musste die zuständige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Katrin Suder, diese Woche einräumen, dass derzeit kein einziger Helikopter dieses Typs abheben darf.
Auch andere Fluggeräte werden mit der Software verwaltet, die intern SASPF heißt - etwa der Kampfhubschrauber Tiger. Doch beim NH 90 ist die Situation besonders besorgniserregend, weil fast jede Maschine unterschiedliche Bauteile enthält. "Selbst wenn das Softwaresystem funktioniert, ist für Techniker die Wartung eines NH 90 mühselig", kritisiert der Verteidigungsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion Tobias Lindner.
Schon ohne die Software-Probleme war die Situation der Hubschrauber-Flotte besorgniserregend. Während von der Leyen und ihre Staatssekretärin mit einer neuen Organisationsstruktur endlich Ordnung in das chaotische Beschaffungswesen bringen, sinken die sogenannten Klarstände weiter - also der Stand einsatzbereiter Maschinen. Nach einer internen Statistik, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, waren Ende des letzten Jahres nur elf Prozent aller Exemplare des Kampfhubschraubers Tiger startklar. Beim Transporthubschrauber NH 90, der seit dieser Woche ganz am Boden steht, lag die Quote im Jahresmittel 2014 bei 17,45 Prozent, mit Höchststand im Mai bei 29,2 Prozent und mit Niedrigstand im Dezember bei 9,5 Prozent.
Auf von der Leyen warten unangenehme Fragen
Das sind keine rühmlichen Zahlen. In Zeiten des Kalten Krieges galten schon Klarstände von 60 Prozent als alarmierend gering. Wenn Ministerin von der Leyen an diesem Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz über die neue Verteidigungsarchitektur der Nato und deren Antwort auf das Säbelrasseln des russischen Präsidenten Wladimir Putin reden wird, dann muss sie sich wohl von ihren Amtskollegen auch eine sorgenvolle Frage anhören: Wie es um das Gerät des deutschen Militärs bestellt ist.
Diskussionen wird von der Leyen auch mit den Verteidigungsministern jener Länder haben, die das Transportflugzeug A400M bestellt haben. Ende vergangenen Monats musste Hersteller Airbus einräumen, die fünf in Aussicht gestellten Maschinen nicht liefern zu können. Jetzt verhandelt das Unternehmen fieberhaft mit den Bestellerstaaten, wer die wenigen in diesem Jahr fertig werdenden Maschinen bekommen soll.
Immerhin, von der Leyen kann sich auf das ein oder andere Militärgerät noch verlassen. Vor allem jenes, das aus den Zeiten des Kalten Krieges stammt. Der Unterstützungshubschrauber Bell UH-1D kommt laut vertraulicher Bundeswehr-Statistik auf eine Einsatzbereitschaft von 63 Prozent. Die ersten Maschinen dieses Typs bekam die Luftwaffe im Jahr 1966 ausgeliefert.