Bundeswehrreform Westerwelle drängt auf schnelles Ende der Wehrpflicht
FDP-Chef Westerwelle macht beim Thema Wehrpflicht Druck auf den Koalitionspartner: Noch in dieser Wahlperiode sollte aus der Bundeswehr eine Freiwilligenarmee gemacht werden, fordert er. In der Union könnte er damit eine neue Debatte auslösen.
Hamburg - Sein Vorstoß dürfte in der schwarz-gelben Koalition für Zündstoff sorgen: FDP-Chef Guido Westerwelle will bei der geplanten Bundeswehrreform aufs Tempo drücken - und zwar gerade beim heiklen Thema Wehrpflicht. "Es wäre die richtige Entscheidung, die Dienstpflicht so bald wie möglich auszusetzen", sagte Westerwelle dem "Hamburger Abendblatt". Er halte es für möglich, dass aus der Bundeswehr noch in dieser Wahlperiode eine Freiwilligenarmee gemacht werden könnte. Damit müsste die Regierung die Umwandlung bis 2013 stemmen.
Den Vorschlag für ein Ende der Wehrpflicht hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ins Spiel gebracht. Allerdings war der CSU-Minister damit im eigenen Lager auf heftigen Widerstand gestoßen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den Vorstoß zunächst abgelehnt, sich jüngst aber offener gezeigt. Führende Unionspolitiker wie Fraktionschef Volker Kauder plädieren aber weiter für eine Beibehaltung der Wehrpflicht.
Während Guttenberg seine Reformpläne in erster Linie mit den leeren Staatskassen begründet, argumentierte Westerwelle eher mit liberalen Überzeugungen. Es gehe ihm nicht um Einsparungen, sondern um Gerechtigkeit. "Es kann nicht sein, dass nur noch 16 Prozent eines Jahrgangs ihren Wehrdienst ableisten, während viele andere zur selben Zeit ihre beruflichen Chancen verbessern können", sagte der FDP-Chef. Das berühre den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung.
Guttenberg will im September ein Konzept für eine Strukturreform der Bundeswehr vorlegen. Diese war bereits in den Koalitionsverhandlungen von Union und FDP im vergangenen Herbst vereinbart worden - von einer Abschaffung der Wehrpflicht war damals aber noch nicht die Rede. Stattdessen sollte sie auf sechs Monate verkürzt werden. Dieses Vorhaben hat die Regierung zum 1. Juli bereits umgesetzt.
Guttenberg will im September Details bekanntgeben
Auf seiner jüngsten Sparklausur hatte das Kabinett zudem eine Reduzierung der Bundeswehr um bis zu 40.000 Zeit- und Berufssoldaten beschlossen. Guttenberg rechnet derzeit mehrere Modelle für eine Truppenreduzierung durch.
Die Verkürzung der Wehrpflicht sei bereits ein "Fortschritt", sagte Westerwelle. Er begrüße, dass sich auch Guttenberg "ganz unvoreingenommen mit der Frage einer Freiwilligenarmee" beschäftige.
Der Verteidigungsminister selbst sagte der Zeitung, man müsse das Thema Wehrdienst "kreativ" angehen. Sollte das Bundesverfassungsgericht "über Nacht die Wehrpflicht kippen", hätten Bundeswehr und Zivildienst "ein gewaltiges Problem".
Guttenberg warnte jedoch vor zu großen Erwartungen an das Sparpotential. Es sei eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass durch eine Aussetzung der Wehrpflicht oder durch eine Alternative sofort große Summen eingespart werden könnten, meinte er.
mmq/Reuters