
SPD blockiert bewaffnete Drohnen Bye-bye, Bundeswehr


Damaliger Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) bei Truppenbesuch im August 2005
Foto:Becker & Bredel / dpa
Vielleicht ist es unfair, eine Partei im Niedergang an vergangene Größe zu erinnern. An Männer wie den Hamburger Großstrategen Helmut Schmidt, den ersten sozialdemokratischen Verteidigungsminister der Nachkriegsgeschichte, und seinen SPD-Nachfolger Georg Leber, der in der Truppe als »Soldatenvater« verehrt wurde. Oder an ein Schwergewicht wie Peter Struck, der 2002 für drei Jahre ins Verteidigungsministerium wechselte, um danach wieder die SPD-Bundestagsfraktion zu führen.
Warum schickte die SPD damals ihre besten Leute ins Verteidigungsministerium? Weil sie als Volkspartei Verantwortung für die Männer und Frauen in Uniform übernehmen wollte, die geschworen hatten, notfalls mit ihrem Leben Freiheit und Demokratie zu verteidigen. Wie die Union verstand sich auch die Sozialdemokratie als Partei der Bundeswehr. Vor allem bei Unteroffizieren, Feldwebeln und Truppenoffizieren hatte sie viele Anhänger.
Aktive und ehemalige Soldaten waren als SPD-Kommunalpolitiker aktiv oder ließen sich in die Parlamente wählen. Die drei SPD-Kanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder kämpften für Entspannung, internationalen Dialog und Abrüstung. Aus einer Position der Stärke heraus. Denn nur so, das wussten sie, gab es eine Aussicht auf Erfolg.
Ist es unfair, die SPD an diese Zeiten zu erinnern?
Nachdem es fast acht Jahre lang eine ausführliche und breite Debatte über bewaffnete Drohnen gegeben hat, vertagte die SPD-Bundestagsfraktion gestern Nachmittag überraschend die Drohnenentscheidung. Eine »ausführliche und breite Debatte« habe bis heute nicht stattgefunden, begründete Fraktionschef Rolf Mützenich den Schwenk.
Fritz Felgentreu, der angesehene verteidigungspolitische Sprecher der SPD, erklärte daraufhin seinen Rücktritt. Schon vorher war klar, dass er bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten wird. Was soll er noch in einer Fraktion, deren Führung den eigenen Experten in den Rücken fällt?
Lange hat sich die SPD gegen die Anschaffung bewaffneter Drohnen gesträubt, im Sommer schließlich signalisierte sie unter vielen Bedingungen die Zustimmung. Doch dann meldete sich in der vergangenen Woche SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zu Wort. Er halte die Drohnendebatte noch »nicht für ausreichend«, verkündete der frühere NRW-Finanzminister, der seine verteidigungspolitische Expertise bisher sorgsam vor der Öffentlichkeit verborgen hat. In der Fraktion kippte die Stimmung, jetzt blockiert die SPD die Anschaffung von bewaffneten Drohnen – vermutlich bis zum Ende der Legislaturperiode.
Im »Tagesspiegel« argumentiert Gabriele Heinrich, die stellvertretende SPD-Fraktionschefin, der Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan habe schließlich deutlich gemacht, dass Drohnen auch als Angriffswaffen eingesetzt werden könnten. Damit habe sich »das gesamte Koordinatensystem« verschoben, eine neue Debatte sei nun »dringend nötig«.
Es ist der sicherheitspolitische Offenbarungseid der SPD-Führung. Mit dem gleichen Argument müsste sie auch Panzer, Fregatten und Kampfhubschrauber abschaffen. Denn auch sie sind potenzielle Angriffswaffen. Doch über Angriff oder Verteidigung entscheidet in Deutschland nicht die Bundeswehr, sondern das Parlament.
Die USA nutzen bewaffnete Drohnen, um in fernen Ländern angebliche Terroristen zu töten. Solche extralegale Tötungen sind nach deutschem Recht verboten, der Bundestag würde sie niemals genehmigen. Wer also behauptet, bewaffnete Drohnen könnten in Deutschland dafür womöglich missbraucht werden, stellt in Wahrheit die Bundeswehr unter Generalverdacht.
»Jede Waffe kann missbraucht werden, auch die Drohne«, schrieb SPD-Verteidigungspolitiker Felgentreu Anfang Dezember im »Vorwärts«, »aber die Bundeswehr als Armee des Grundgesetzes hat im 66. Jahr ihres Bestehens Anspruch auf unser Vertrauen.« Deshalb dürfe man der Truppe im gefährlichen Auslandseinsatz »den Schutz durch eine bewaffnete Aufklärungsdrohne nicht vorenthalten«. Zwei Wochen später trat er zurück.
Weil die SPD in ihrem Niedergang vergessen hat, was sie damals groß machte. Als sie noch Volkspartei war und sich für die Bundeswehr verantwortlich fühlte.