Streit um Juncker Cameron warnte Merkel vor EU-Austritt Großbritanniens

Dicke Luft zwischen Berlin und London: Premierminister Cameron hat Kanzlerin Merkel nach SPIEGEL-Informationen indirekt mit dem EU-Austritt Großbritanniens gedroht. Und jetzt will auch noch AfD-Chef Lucke eine Fraktionsgemeinschaft mit den Tories bilden.
David Cameron beim EU-Gipfel: No Juncker please, we are British

David Cameron beim EU-Gipfel: No Juncker please, we are British

Foto: GEORGES GOBET/ AFP

Berlin - Der britische Premierminister David Cameron hat beim EU-Gipfel am vergangenen Dienstag unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Warnung unter Druck gesetzt, er könne bei einem Mehrheitsvotum der Staats- und Regierungschefs für Jean-Claude Juncker als neuem EU-Kommissionschef den Verbleib Großbritanniens in der EU nicht länger garantieren. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen gegenüber dem SPIEGEL machte Cameron am Rande des Treffens deutlich, ein solches Votum könne seine Regierung derart destabilisieren, dass ein Austrittsreferendum vorgezogen werden müsste und mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Nein der Briten zur EU-Mitgliedschaft führen werde. Cameron hatte Juncker mit den Worten abqualifiziert: "Ein Gesicht der Achtzigerjahre kann nicht die Probleme der nächsten fünf Jahre lösen."

Der künftige Kommissionspräsident muss von den Europäischen Regierungschefs vorgeschlagen und vom EU-Parlament bestätigt werden. Das Parlament hat sich bereits für Juncker als seinen Favoriten ausgesprochen.

Lucke stellt Beitrittsantrag bei Tory-Fraktion

Die nächste Belastungsprobe für das Verhältnis zwischen Berlin und London zeichnet sich bereits ab: AfD-Chef Bernd Lucke hat nach eigenen Angaben seine Ankündigung wahrgemacht und den Beitritt der AfD-Abgeordneten im EU-Parlament zur Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer beantragt. Das sagte Lucke der "Financial Times". Zur Gruppierung der Konservativen und Reformer im EU-Parlament gehört auch Camerons Partei, die britischen Konservativen ("Tories"). Cameron gerät damit in eine Zwickmühle. Programmatisch gibt es große Überschneidungen zwischen AfD und Tories, vor allem bei der kritischen Haltung zum Euro. Zudem war es Cameron selbst, der 2009 die Fraktionsgemeinschaft der Tories mit der CDU und anderen christdemokratischen Gruppierungen im Rahmen der Europäischen Volkspartei aufgelöst hatte.

Doch zugleich fürchtet die britische Regierung laut "Financial Times", dass ein Bündnis zwischen AfD und Tories im EU-Parlament die Beziehungen zur Bundesregierung zusätzlich belasten könnte. Ein Umstand, den Lucke gegenüber der britischen Tageszeitung süffisant kommentiert: "Anscheinend will Angela Merkel, dass David Cameron ihr bei der Lösung ihrer innenpolitischen Probleme hilft und die AfD isoliert." Er, Lucke, könne sich jedoch nicht vorstellen, dass sich ein britischer Premierminister in dieser Weise manipulieren lasse.

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