Vor Parteitag CDU-Widerstand gegen Merkels Flüchtlingskurs formiert sich

Angela Merkel kommt den Gegnern ihrer Flüchtlingspolitik vor dem CDU-Parteitag kaum entgegen. Im SPIEGEL fordern Innenpolitiker nun Kurskorrekturen. Auch die Verfechter einer Obergrenze geben keine Ruhe.
Angela Merkel: Kritik am Leitantrag für den Parteitag

Angela Merkel: Kritik am Leitantrag für den Parteitag

Foto: FABRIZIO BENSCH/ REUTERS

Kurz vor dem Bundesparteitag der CDU formiert sich in der Partei der Widerstand gegen Angela Merkels Flüchtlingspolitik. Der Leitantrag, den die CDU-Spitze am Donnerstag vorgelegt hat, geht den Kritikern nicht weit genug.

Im SPIEGEL fordern führende Innenpolitiker der Union von der CDU-Spitze, auf dem Parteitag in Karlsruhe einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik einzuschlagen. "Der aktuelle Antrag des Bundesvorstands entspricht leider zu 100 Prozent meinen Erwartungen", klagt Innenexperte Wolfgang Bosbach. "Bei den wirklich wichtigen und in Partei und Gesellschaft umstrittenen Fragen ist er sehr vage." (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

Die CDU müsse klarstellen, "wann das geltende Recht wieder konsequent angewandt werden soll" und "strikte Grenzkontrollen, die diesen Namen auch verdienen", eingeführt würden.

So sieht es auch Günter Krings, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium: "Das Ziel effektiver Grenzkontrollen gehört natürlich in den Parteitagsbeschluss. Ich bin mir sicher, dass man dafür noch einen guten Platz im Antragstext finden wird." Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, fordert im SPIEGEL ebenfalls einen härteren Kurs: "Der Antrag muss das Ziel klar zum Ausdruck bringen, die massenhafte Zuwanderung von Flüchtlingen deutlich zu reduzieren."

Die CDU-Spitze hatte ihren Entwurf für einen Leitantrag zur Flüchtlingspolitik am Donnerstag vorgestellt. Das Papier, das im kleinsten Kreis vorbereitet wurde, plädiert zwar für eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Eine Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme, die Kontrolle der nationalen Grenzen oder eine Zurückweisung von Flüchtlingen finden sich darin jedoch nicht.

Junge Union will Forderung vortragen

Eine Obergrenze verlangte bisher vor allem die Junge Union (JU). Der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak fordert nun gemeinsam mit dem Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, Nachbesserungen am Leitantrag, den der Bundesvorstand am Sonntagnachmittag unmittelbar vor dem Parteitag verabschieden soll. Beide rufen nach einem "Signal der Begrenzung", das vom Parteitag ausgehen solle - auch wenn die JU nicht mehr auf dem Begriff der Obergrenze beharrt.

"Auch wir wollen eine europäische Lösung", sagt Ziemiak. "Aber diese kommt seit Monaten nicht und es gibt wenig Anzeichen, dass die europäischen Staaten in absehbarer Zeit die EU-Außengrenzen sichern und die Flüchtlinge innerhalb Europas gerecht verteilen können."

Linnemann ergänzt, der Antrag der CDU-Spitze beantworte nicht, "was wir tun müssen, wenn die angestrebte europäische Lösung des Flüchtlingsproblems weiterhin nicht funktioniert. Deutschlands Aufnahmemöglichkeiten sind bald erreicht." Ein gemeinsamer Änderungsantrag der beiden Vereinigungen zur Vorlage der Parteispitze wird nun vorbereitet.

Auf eine Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme pocht Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU). "Wir haben jetzt sehr lange Zeit abstrakt über diese Grenze nach oben diskutiert, nun sollten wir sie auch konkret beziffern", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Für Deutschland komme er auf eine Zahl "von etwa 400.000 Flüchtlingen jährlich, die wir aufnehmen können, ohne dass es zu Parallelgesellschaften, zu höherer Arbeitslosigkeit und zu enttäuschten Erwartungen bei den Flüchtlingen kommt."

phw/Reuters/dpa
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