Die Unterstützung für Markus Söder als Kanzlerkandidat wächst auch in der CDU. Aber will der CSU-Chef überhaupt antreten? Er muss sich jetzt bekennen – ansonsten droht der Union wirklich die Selbstzerstörung.
Würde man sich einen Unionskanzlerkandidaten schnitzen wollen, könnte einer wie Markus Söder dabei herauskommen: So dominant wie der aktuelle CSU-Chef war schon lange niemand mehr in einer deutschen Partei, die Coronakrise hat den bayerischen Ministerpräsidenten auch republikweit zu einem der beliebtesten Politiker gemacht, in seiner langen Karriere hat er führende Partei- und Ministerämter bekleidet.
Und so verwundert es nicht, dass auch in der CDU die Unterstützung für eine Kanzlerkandidatur Söders wächst, wo gleichzeitig der eigene Parteivorsitzende und eigentliche Favorit, Armin Laschet, immer weiter abschmiert.
Es gibt allerdings noch eine Kategorie, die jemand erfüllen sollte, der ins Kanzleramt will: Entschlossenheit. Und daran scheint es Söder in Sachen K-Frage weiterhin zu mangeln.
Nicht einmal die größten Söder-Kenner sind sich sicher, ob der CSU-Chef auch wirklich Kanzlerkandidat der Union für die Bundestagswahl im Herbst werden will.
Ja, er kokettiert seit Monaten in verschiedenen Varianten damit. Und zuletzt hat Söder den Ton gegenüber CDU-Chef Laschet noch mal verschärft, Stichelei kann man das eigentlich schon nicht mehr nennen – eher den Versuch, Laschet so zu schwächen, dass er Söder am Ende die Kanzlerkandidatur überlässt. Zwischen Ostern und Pfingsten wollen sich die beiden über die Kanzlerkandidatur einigen.
DER SPIEGEL
Aber anders als von Laschet, der öffentlich mehrfach seinen Anspruch deutlich gemacht hat, sind solche Äußerungen von Söder nicht bekannt.
Die Hürden für ihn sind tatsächlich beträchtlich: Er würde im Fall seiner Kanzlerschaft das erfolgreiche CSU-Politikmodell in Bayern – möglichst viel Distanz gegenüber dem Bund – aufs Spiel setzen, sähe sich in Berlin ständig einer CDU-Übermacht gegenüber. Und es wäre angesichts der unübersichtlichen Kräfteverhältnisse längst nicht ausgemacht, dass aus dem Kanzlerkandidaten am Ende auch ein Kanzler Söder würde.
Der CSU-Vorsitzende, das ist bekannt, geht nicht gern ins Risiko.
Was, wenn sich Söder also am Ende nur so lange wie möglich als potenzieller Kanzlerkandidat im Spiel halten will, um als Chef der kleinen CSU auf Augenhöhe mit dem Vorsitzenden der großen CDU zu sein? Wenn es ihm vor allem darum geht, möglichst viel für seine Partei zu erreichen – auch mit Blick auf Kabinettsposten in einer neuen Bundesregierung?
Schon jetzt beschädigt Söder mit seinen Attacken gegen Laschet die – ohnehin wackelige – Einigkeit der Union, die er sonst immer als größtes Gut von CDU und CSU beschwört. Dass Laschet immer schwächer erscheint und damit auch seine Partei, daran wirkt Söder aktiv mit. Gleichzeitig weckt er enorme Hoffnungen in der CDU und der Öffentlichkeit.
Deshalb muss der CSU-Chef nun endlich sagen, was er will – und die Sache so rasch wie möglich mit Laschet klären.
Andernfalls riskiert er ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl die Selbstzerstörung der Union. Und die dürfte jedenfalls eines zur Folge haben: dass nach 16 Jahren niemand aus den C-Parteien Angela Merkel im Kanzleramt folgt.