Bedenken gegen linke Organisationen Unionsfraktion bremst Demokratiefördergesetz aus

Das Reichstagsgebäude in Berlin
Foto: Joo A. Held / imago imagesDie Unionsfraktion möchte den Entwurf für das von der SPD geforderte Demokratiefördergesetz nach Informationen des SPIEGEL nicht unterstützen. Das Gesetz hat, obwohl sich der Kabinettsausschuss Rechtsextremismus der Bundesregierung darauf geeinigt hatte, somit kaum mehr eine Chance, in dieser Legislatur noch verabschiedet zu werden. Ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigte, dass die Union den Entwurf in seiner jetzigen Form nicht mittragen wolle.
Die entsprechenden Eckpunkte, die das Innenministerium und das Familienministerium monatelang verhandelt hatten, sollten eigentlich am Mittwoch im Kabinett besprochen werden. Dies soll nun nicht mehr geschehen. Unionsabgeordnete hätten zu viele Bedenken, mit dem avisierten Gesetz »zu linke« Organisationen zu unterstützen, hieß es dazu aus dem Familienministerium. Der Umschwung überrascht, da auch das zuvor äußerst skeptische, von Horst Seehofer (CSU) geführte Innenministerium mitverhandelt hat und mit der aktuellen Fassung zufrieden war.
Das Gesetz war unter anderem als Schritt im Kampf gegen den Rechtsextremismus nach dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke und dem rechtsterroristischen Attentat von Hanau vorgesehen und als wichtiger Teil des Maßnahmenpakets gepriesen worden.
»Es ist ärgerlich und für uns Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion zunehmend unbegreiflich, dass die Union so wichtige gesetzliche Vorhaben wie das Wehrhafte-Demokratie-Gesetz und das Streichen des Begriffs »Rasse« aus dem Grundgesetz blockiert«, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese. »Mit ihrer Blockadehaltung stellt sich die Unionsfraktion nicht nur gegen ihre eigene Regierung. Sie lässt es auch zunehmend an Glaubwürdigkeit fehlen, wenn es darum geht, Rechtsextremismus und Rassismus mit starken Mitteln den Boden zu entziehen.«
Auch Familienministerin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete es als enttäuschend, dass die Unionsfraktion einen Beschluss im Kabinett verhindert habe. »Die Leidtragenden sind die vielen Engagierten in ganz Deutschland, die sich Tag für Tag für unsere Demokratie und gegen jede Form von Extremismus einsetzen.« Sie forderte die Unionsfraktion auf, »ihre Blockadehaltung aufzugeben«.
Union fordert Erneuerung der »Extremismusklausel«
Ein Sprecher der Unionsfraktion sagte dem SPIEGEL, der jetzige Entwurf weiche »in wesentlichen Punkten« von den »Forderungen und Vorstellungen an ein entsprechendes Gesetzesvorhaben« ab. Konkret fordern CDU und CSU ein Bekenntnis zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland von denjenigen, die auf Basis des Gesetzes finanziell gefördert werden könnten, also eine Erneuerung der »Extremismusklausel«. Das durch das Eckpunktepapier vorgesehene Bekenntnis zur Demokratie sei aus Sicht der Union nicht ausreichend und kein Fortschritt.
Die »Extremismusklausel« hatte CDU-Familienministerin Kristina Schröder 2011 eingeführt, ihre Nachfolgerin Manuela Schwesig (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatten diese drei Jahre später wieder abgeschafft. Die Klausel hatte alle Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen, unter Generalverdacht gestellt, linksextrem zu sein. Seither ist im Zuwendungsbescheid geregelt, dass keine Steuergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen, auch nicht über Projektpartner.
Hinzu kommt dem Sprecher der Unionsfraktion zufolge, dass ein weiterer, für die Abgeordneten wesentlicher Aspekt zur praktischen Demokratieförderung in dem Entwurf fehle: die Stärkung des Bundesfreiwilligendienstes. Dieser sei in einer Fassung des Eckpunkteentwurfs vom 18. März noch als Rechtsanspruch auf Teilfinanzierung enthalten gewesen. In dem nun vorgelegten Entwurf komme er hingegen nur noch als Prüfauftrag vor.