Verdacht auf nicht deklarierte Parteispenden
CDU in Hessen drohen hohe Strafzahlungen
Eine schmucke Gründerzeitvilla, ein diskreter Verein und ein extrem günstiger Mietvertrag: Verschwieg ausgerechnet der CDU-Kreisverband von Hessens Finanzminister Thomas Schäfer jahrzehntelang hohe Spenden?
Parteifreunde in Hessen: Regierungschef Volker Bouffier (CDU, l.) und Finanzminister Thomas Schäfer
Foto: Arne Dedert/ picture alliance/dpa
Auf die CDU in Hessen könnten nach SPIEGEL-Informationen erhebliche Strafzahlungen wegen lückenhafter Rechenschaftsberichte im Zusammenhang mit einer lange verheimlichten Immobilie zukommen. Es geht um eine von der Partei genutzte Gründerzeitvilla in Marburg, in der sich auch das Wahlkreisbüro von Hessens Finanzminister Thomas Schäfer befindet. Die Immobilie, die mehr als 700.000 Euro wert ist, hatte jahrzehntelang in den Vermögensbilanzen der Partei gefehlt.
Wie der CDU-Kreisverband Marburg-Biedenkopf auf Anfrage einräumte, nutzte die Partei die Villa inklusive 570-Quadratmeter-Grundstück zudem seit mindestens 23 Jahren mietfrei. Überlassen wurde sie ihr vom "Verein zur Förderung staatspolitischer Bildung", der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.
23 Jahre mietfrei
Laut einem internen Protokoll einigte sich der Verein 1996 mit der Partei auf einen "Mietvertrag", wonach der CDU-Kreisverband die Liegenschaft "kostenfrei" nutzen dürfe. Ihm oblag lediglich die Instandhaltung. Auf diese Weise blieben der CDU wohl mehrere Hunderttausend Euro an Mietkosten erspart.
Dieser geldwerte Vorteil hätte nach Einschätzung der Düsseldorfer Parteienrechtlerin Sophie Schönberger der Bundestagsverwaltung gemeldet werden müssen. "Werden Immobilien mietfrei einer Partei überlassen, handelt es sich dabei um eine Parteispende, die im Rechenschaftsbericht veröffentlicht werden muss", sagt Schönberger. Wenn ein am Markt erzielbarer Mietpreis abzüglich Instandhaltungskosten mehr als 10.000 Euro im Jahr betrage, müsse auch der Spender namentlich genannt werden. Verstöße gegen diese Veröffentlichungspflicht werden mit Strafzahlungen in doppelter Höhe der Spende geahndet.
In Marburg dürfte die Grenze von 10.000 Euro deutlich überschritten worden sein: Die CDU vermietete Teile der Villa an Untermieter weiter und nahm damit bisweilen mehr als 40.000 Euro pro Jahr ein. Dennoch findet sich in den Rechenschaftsberichten der CDU seit 1996 kein Hinweis auf Spenden des Vereins, in dessen Vorstand seit 2013 auch Schäfer sitzt. 2019 meldete dann der CDU-Kreisverband das Gebäude bei der Bundestagsverwaltung rückwirkend für zehn Jahre als Parteieigentum. Zuvor, sagt Finanzexperte Schäfer, sei seine Partei davon ausgegangen, dass der Verein "Eigentümer" der Immobilie gewesen sei - und der Kreisverband lediglich "Besitzer".