Philipp Wittrock

Machtkampf in der CDU Spalten statt versöhnen

Philipp Wittrock
Ein Kommentar von Philipp Wittrock
Armin Laschet, Friedrich Merz oder Norbert Röttgen – drei Männer wollen die CDU führen und einen. Doch die Gefahr ist groß, dass es die Union nach dem Rennen erst recht zerreißt.
CDU-Bewerber Friedrich Merz: Sein letzter Versuch

CDU-Bewerber Friedrich Merz: Sein letzter Versuch

Foto: CLEMENS BILAN/EPA-EFE/REX

Die Auftaktrunde gegen Friedrich Merz hat Armin Laschet gewonnen. Kurzerhand hat er sich mit der öffentlichen Erklärung seiner Kandidatur vor seinen Konkurrenten gedrängelt. Das ist am Ende nichts wert, klar, aber es gibt ihm die Gelegenheit gemeinsam mit Jens Spahn, der sein Stellvertreter werden soll, die erste Botschaft im Wettstreit um den CDU-Vorsitz zu setzen: Wir sind das Team, das alle mitnehmen will.

Gleich kommt der Spalter.

Laschet und Spahn lassen keinen Zweifel daran, dass es Merz ist, der sich nicht einreihen will, der die Partei nicht zusammenführen kann. Dass da ein Mann weiterhin auf dem Egotrip ist. Über Norbert Röttgen wollen sie erst gar nicht reden, das soll wohl heißen: Er kann uns nicht gefährlich werden.

Mag sein, dass Laschet und Spahn mit all dem recht haben. Dass sie in dieser Zeit das Beste für die CDU wären. Nur bedeutet das nicht, dass die Partei mit ihnen wirklich aus der Krise kommt und wieder zur starken, geschlossenen Volkspartei wird. Mit der neuerlichen Kampfabstimmung um den Parteivorsitz droht der Union endgültig die Zerreißprobe.

Tatsächlich stehen Laschets Chancen nicht schlecht, in ein paar Wochen an die Spitze der CDU gewählt zu werden. Die Parteitagsarithmetik spricht - zumindest auf den ersten Blick - für den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Chef des größten Landesverbandes. Er bedient die konservativen, liberalen und sozialen Strömungen der Christdemokratie gleichermaßen. Er verbindet Weltoffenheit mit "Null Toleranz" in der inneren Sicherheit. Er machte das konservative Urgestein Wolfgang Bosbach zu seinem Berater, sogar Friedrich Merz bekam als Brexit-Beauftragter einen Job in seiner Landesregierung.

Und Laschet ist anschlussfähig in alle Richtungen des demokratischen Spektrums. In NRW regiert er mit der FDP, als Mitglied der legendären Pizza-Connection schlägt sein Herz aber genauso für Schwarz-Grün. Die SPD mag ohnehin nicht mehr mit der Union regieren, aber ein Problem hätten die Genossen mit Laschet sicher nicht.

Spahns Verzicht ist die richtige Entscheidung

Laschets "integratives Angebot" gemeinsam mit Spahn ist ein taktisch kluger Zug. Spahn übernimmt die Rolle des konservativen Korrektivs, die Zweifler davon zu überzeugen, dass es mit Laschet kein reines Weiter-so gibt. Große Teile der Jungen Union dürften Spahn ins Team Laschet folgen.

Für Spahn ist der Verzicht auf eine eigene Kandidatur die richtige Entscheidung. Nach seiner Niederlage im Kandidatenrennen 2018 schätzt er seine Chancen realistisch ein. Er ist geduldiger geworden: Spahn ist 39, selbst wenn Laschet acht Jahre Bundeskanzler wäre, wäre er danach noch jung genug, um ganz nach oben zu drängen.

DER SPIEGEL

Für Merz gilt das Gegenteil. Seine Kandidatur ist sein letzter Versuch. Die Niederlage gegen Annegret Kramp-Karrenbauer hat er nie akzeptiert, seit Monaten tingelt er durch die Republik und lässt sich von der CDU-Basis feiern, als Mann mit einem "ganz altmodischen Verständnis von Führung" (O-Ton Merz), der die Sehnsüchte vieler Parteigänger nach geordneten Verhältnissen bedient, ein Mann, der behauptet, die Partei wieder zu alter Stärke zurückführen kann.

Und das mit zum Teil erstaunlich einfachen Antworten: Als er am Dienstag gefragt wird, ob er das Problem des Rechtsradikalismus angehen wolle, in dem er Themen wie Clan-Kriminalität und schärfere Grenzkontrollen stärker in den Fokus stellen wolle, befindet Merz kurz und knapp: "Die Antwort ist ja."

Polarisierung als Programm

Dass sich Laschet und Spahn zusammengetan haben, nennt Merz eine "Kartellbildung zulasten des Wettbewerbs". Er klingt nicht nach Versöhnung. Ich gegen die - Merz sucht sein Heil in der Polarisierung. Und zwar nicht nur für den innerparteilichen Machtkampf, sondern auch für später, wenn es um das Kanzleramt gehen würde.

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Man muss das nicht sympathisch finden, gerade im Vergleich mit dem Auftritt des fröhlich-verschmitzten NRW-Ministerpräsidenten. Aber es ist aus Merz' Sicht nur konsequent: Den Teamplayer, den Harmonie-Onkel, den nimmt ihm ohnehin keiner ab. Und immerhin hat Merz es mit dieser Strategie 2018 mehr oder weniger aus dem Stand auf 48 Prozent beim Parteitag gebracht – trotz einer schwachen Rede. Laschet sollte sich seiner Sache nicht zu sicher sein.

Ganz gleich, wie es ausgeht: Beim Parteitag schlägt für die CDU die Stunde null. Alle Bewerber hätten beteuert, das Ergebnis zu respektieren und sich unterzuhaken, hat die scheidende Vorsitzende verkündet. Das zu glauben, fällt nach der offiziellen Eröffnung des Rennens schwer. Die Einheit der CDU steht nach dem 25. April erst recht auf dem Spiel.

Merz und Merkel - wie soll das gehen?

Gewinnt Laschet, blieben die Merz-Fans einmal mehr enttäuscht zurück. Selbst wenn der Geschlagene sich endgültig aus der Politik zurückzöge, wäre es für Laschet und Spahn eine fast unmögliche Aufgabe, den innerparteilichen Frieden kurzfristig wiederherzustellen. Bliebe Merz dabei, in welcher Rolle auch immer, wäre er immer der Mann, der sich für den besseren Chef und Kanzlerkandidaten hält.

Gewinnt Merz, wird die Polarisierung zum Programm. Es wäre der Bruch mit der Ära Merkel, den zwar viele in der Union herbeisehnen mögen, viele aber eben auch nicht – zumindest nicht auf die Merz-Weise.

Dazu kommt, dass die Kanzlerin die Wahlperiode gern regulär zu Ende bringen möchte. Wie soll das gehen, mit ihrem Erzrivalen im Parteivorsitz? Man werde sicher "einen vernünftigen Weg finden", sagt Merz. Wie dieser Weg aussehen soll, sagt er nicht. Weil es ihn nicht gibt.

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