Familienministerin Kristina Schröder Die Gekränkte

Familienministerin Schröder: "Wo soll die Politik da bitte eingreifen?"
Foto: Wolfgang Kumm/ dpaBerlin - Wenn Kristina Schröder (CDU) genervt ist, klingt das so: "Ich habe Ihnen bereits eine Fülle von Antworten genannt. Aber die sind vielleicht nicht so knallig, wie Sie es erwartet haben", sagt sie spitz zu einem Reporter, der die Politik der Familienministerin widersprüchlich findet.
Anlass für die eisigen Worte: Am Donnerstag stellte Schröder zusammen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Studie der Bundesregierung vor.
Drei Jahre lang hatte eine Expertenrunde den staatlichen Instrumentenkasten für Ehen, Familien und Kinder untersucht. 156 Leistungen und Zuschüsse gibt es, im Gesamtwert von 200 Milliarden Euro. Was nützt all das den Eltern, den Kindern? Wie greift es ineinander, was kann man verbessern?
Üblicherweise wollen Politiker bei solchen Terminen mit Erfolgen glänzen, die sie aus ihrer Sicht erreicht haben. Sie loben dann Maßnahmenbündel und beschreiben Effekte. Auch Schröder referiert über "Akzeptanzanalysen", die "Mechanik des Kinderfreibetrags,", "Mehrkindkomponenten" und "Schnittstellenproblematiken". Doch in Schröders Tirade von Fachbegriffen mischt sich auffällig oft ein verstimmter Unterton.
Schröder spricht von "Polemik und Missverständnissen" in der öffentlichen Bewertung ihrer Politik. Schäuble pflichtet ihr bei, rügt die "mediale Verzerrung". Dass Spitzenpolitiker ihrer Gekränktheit unverhohlen Ausdruck verleihen, ist ungewöhnlich. Doch die Ministerin verbirgt kaum noch, dass sie sich und ihre Politik falsch verstanden fühlt.
Von Feministinnen als rückständig gebrandmarkt, von den Hardlinern in der Partei nicht ernst genommen, von der Presse im Vergleich zur resoluten Supermutti Ursula von der Leyen als blass verspottet: Die Dauerkritik hat Spuren hinterlassen.
Vielleicht auch deshalb, weil dieser Auftritt womöglich ihre letzte große Gelegenheit war, als Familienministerin Bilanz zu ziehen. Kristina Schröder wolle sich bald wieder mehr der eigenen Familie widmen, wurde vor ein paar Monaten aus der Union verbreitet. Das Streuen des Gerüchts ist ein fieses Störmanöver. Unwahrscheinlich ist das Szenario aber nicht.
Viel Geld, wenig Wirkung
So empört sich Schröder, dass der Erfolg von Familienpolitik - ihrer Familienpolitik - daran gemessen werde, ob es gelingt, die Geburtenrate hochzuschrauben. "Ich bin sehr skeptisch, dass man Fertilität mit politischen Maßnahmen steuern kann", sagt sie herausfordernd. "Manche bekommen keine Kinder, weil sie nicht den richtigen Partner gefunden haben. Wo soll die Politik da bitte eingreifen?"
Aber wenn nicht an der Bereitschaft, Nachwuchs zu bekommen - woran soll man die Kinderfreundlichkeit eines Landes dann messen? Fest steht: Kein Land Europas gibt so viel für Familien aus wie Deutschland. Doch die Geburtenzahl sinkt.
Dieselbe Studie, die Schröder stolz vorstellt, löste zudem schon lange vor ihrer Veröffentlichung eine Debatte über Milliardenverschwendungen in der Familienpolitik aus. Eine erste Bilanz der beteiligten Gutachter, veröffentlicht im SPIEGEL, gab wenig Grund zum Optimismus. Ein Großteil des Geldes zeige keine Wirkung, so das Urteil.
Doch es ist Wahljahr, und so bleibt Schröders wichtigste Botschaft: Eigentlich können wir doch ganz zufrieden sein. Kindergeld und der Kinderzuschlag für einkommensschwache Eltern seien Erfolgsgeschichten, die Geburtenrate stabilisiere sich mit "positivem Trend". Man sei "auf dem richtigen Weg", so Schröder. Kein Zusammenführen, kein Streichen von Leistungen sei notwendig, allenfalls ein Nachbessern. Sie verteidigt das Ehegattensplitting ("Ich kämpfe dafür, ich bin davon überzeugt") und das umstrittene Betreuungsgeld.
Natürlich steckt die junge Ministerin, selbst Mutter einer kleinen Tochter, auch in einem Dilemma. Agiert sie zu soft, ist sie die Ministerin ohne Rückgrat. Kommentiert sie Kritik zu bissig, wirkt das schnell unsouverän. Für diesen Auftritt setzt Schröder vor allem auf Gegenwehr - auch, als die unvermeidliche Nachfrage zu ihrer beruflichen Zukunft kommt. Dazu werde sie nichts sagen, blockt sie ab. "Wir machen jetzt erst mal Wahlkampf."