Digitaler Parteitag
CDU will Klarstellung vom Innenministerium für Vorsitzendenwahl
Um endlich ihren Parteitag abhalten zu können, setzt die CDU auf digitale Wahlen, die in einer Schlussabstimmung schriftlich bestätigt werden. Die nötige Rechtssicherheit soll jetzt das Innenministerium bestätigen.
Händeringend sucht die CDU nach Wegen, um endlich ihren Bundesparteitag über die Bühne zu bekommen – vor allem wegen der seit Monaten überfälligen Wahl eines neuen Vorsitzenden. Die neueste Idee: Die Delegierten treffen sich virtuell zum digitalen Parteitag und wählen den Parteichef und den Rest des Vorstands online. Am Ende aber müssen alle Wahlergebnisse in einer schriftlichen Schlussabstimmung noch einmal bestätigt werden, also per Briefwahl.
Aber wäre das auch rechtssicher? Um in dieser Frage weiterzukommen, hat die Unions-Bundestagsfraktion beim Bundesinnenministerium um eine Einschätzung gebeten. Fraktions-Justitiar Ansgar Heveling (CDU) hat dazu in Absprache mit der CDU-Parteizentrale eine schriftliche Anfrage eingereicht. Nach SPIEGEL-Informationen wird sie im Innenministerium bereits bearbeitet.
"Mit der aktuellen gesetzlichen Regelung hat der Bundestag festgelegt, dass nur noch eine Schlussabstimmung als Brief- oder Urnenwahl in Parteien notwendig ist", sagte Heveling dem SPIEGEL. "Hierzu ist das Bundesinnenministerium gebeten worden, nochmals klarzustellen, welches Abstimmungsmodell zum Einsatz kommen kann."
Für die CDU-Zentrale ist es entscheidend, für die aktuell favorisierte Form des Parteitags maximale Rechtssicherheit zu gewährleisten. Immerhin hängt von der Wahl eines neuen Vorsitzenden die künftige Ausrichtung der Partei ab, zudem geht es mittelbar auch um die Frage der Kanzlerkandidatur von CDU und CSU für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.
Der für den 4. Dezember in Stuttgart geplante Präsenzparteitag war vor zehn Tagen wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden, inzwischen haben sich die drei Vorsitzenden-Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen mit der CDU-Zentrale darauf geeinigt, den Parteitag nach Möglichkeit im Januar abzuhalten.
In einer Runde der Fachleute von Fraktion und Vertretern der CDU-Zentrale, die am Dienstag zusammen kam, betonten letztere die Bedeutung der Einschätzung des Innenministeriums zu dem geplanten Parteitagsmodell. Schon zu Wochenbeginn hatte Generalsekretär Paul Ziemiak in einer Telefonschalte des Fraktionsvorstands nach SPIEGEL-Informationen darauf gedrängt, dass das zuständige Ministerium abklärt, ob der von der CDU geplante Weg rechtlich gangbar ist.
Schäuble hat Prozess angestoßen
Den Prozess angestoßen hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Auch in der Schalte des Fraktionsvorstands betonte der CDU-Politiker Teilnehmern zufolge in einem engagierten Vortrag seine Sicht, dass die Rechtslage grundsätzlich auch Digitalwahlen zulasse. Man lebe doch nicht mehr im Jahr 2010, sondern im Jahr 2020, argumentierte er laut Teilnehmern. Außerdem könne man nicht so tun, als wolle man die Digitalisierung in Europa vorantreiben und sich dann in einer solchen Frage hinter dem Bundesverfassungsgericht verstecken.
Um einen Parteitag samt Wahlen komplett digital abhalten zu können, fehlen allerdings einem Bundestagsgutachten zufolge die rechtlichen Voraussetzungen. Das Gutachten hatte Schäuble beim Wissenschaftlichen Dienst des Parlaments in Auftrag gegeben, es liegt dem SPIEGEL vor.
Aktuell liegt bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Änderung des Bundeswahlgesetzes zur Unterzeichnung, über dessen Regelungen Corona-bedingt auch weitere digitale Elemente für Parteien ermöglicht werden. Um alle Entscheidungen grundsätzlich digital zu ermöglichen, bräuchte es weitere Änderungen im Parteiengesetz.
Gespräche dazu, zunächst zwischen den Fraktionen der Koalitionspartner CDU/CSU und SPD, sind bislang nicht vereinbart, sollen aber zeitnah stattfinden.