CDU-Führungskreis Merkels Erben

Irgendwann geht in der CDU auch die Ära Merkel zu Ende. Vielleicht. Und dann? Beim Schaulaufen der möglichen Kronprinzen drängt sich niemand auf. Die größten Chancen hat noch immer Ursula von der Leyen.
Ursula von der Leyen und Angela Merkel in Essen

Ursula von der Leyen und Angela Merkel in Essen

Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Wenigstens hat niemand die Chefin getoppt. Vielleicht beruhigt es Angela Merkel, dass keiner ihrer fünf Stellvertreter bei der Wiederwahl auf dem CDU-Parteitag ein besseres Ergebnis als sie selbst erhielt. Schließlich war das Resultat der Vorsitzenden mit 89,5 Prozent zuvor nicht besonders überragend ausgefallen. Am Ende ist Merkel aber eben noch immer alternativlos.

Nur was, wenn die Ära Merkel zu Ende geht? 2021 etwa, sollte eine mögliche vierte Amtszeit der Kanzlerin vorübergehen. In der Essener Grugahalle ist nur so viel klar: Die Kronprinzessin, den Kronprinzen gibt es nicht - zumindest nicht, wenn es nach dem Wahlergebnis geht. Was auch bedeutet, dass die CDU sich im Falle eines neuerlichen Wahlsieges frühzeitig um einen geordneten Übergang kümmern sollte.

Das ist Merkels zweite Garde:

Ursula von der Leyen

Ursula von der Leyen

Foto: TOBIAS SCHWARZ/ AFP

Ursula von der Leyen, 58, ist aus der Vizeriege sicher immer noch die erste Anwärterin auf die Merkel-Nachfolge. Auch wenn die Verteidigungsministerin stets betont, jede Generation habe ihre Kanzlerin oder ihren Kanzler, und Angela Merkel sei nun mal die Kanzlerin ihrer Generation. Doch der Ehrgeiz von der Leyens ist bekannt, und in Essen hielt sie die engagierteste Bewerbungsrede aller Vizechefs.

Weil aber viele in der Union genau dieses forsche Auftreten misstrauisch beäugen, blieb ihr Ergebnis mau. Das hat fast schon Tradition. Mit 72,4 Prozent schnitt sie am schlechtesten von allen Stellvertretern ab, bekam aber immerhin ein wenig mehr als beim letzten Mal.

Julia Klöckner, 43, galt lange als größte Hoffnungsträgerin der CDU. Sie wollte Rheinland-Pfalz zurückerobern, viele sahen den Posten als Ministerpräsidentin nur als Zwischenstation auf dem Weg zu höheren Weihen. Doch verpasste die Landeschefin im März den schon sicher geglaubten Sieg, sie muss weitere fünf Jahre die Oppositionsbank in Mainz drücken. Nur ein vorübergehender Rückschlag?

Julia Klöckner

Julia Klöckner

Foto: Volker Hartmann/ Getty Images

In Essen erhielt sie mit 86,5 Prozent immerhin das beste Ergebnis aller Parteivizes - wie schon vor zwei Jahren. Damals waren es allerdings noch 96,5 Prozent. Bevor Klöckner auf Bundesebene etwas wird, muss sie wohl erst eine Wahl in der Heimat gewinnen. Für 2021 fällt sie als Merkel-Erbin daher aus.

Das gilt auch für die anderen stellvertretenden Vorsitzenden, und zwar nicht nur für 2021. Volker Bouffiers Platz ist in Hessen, wo der 64-Jährige überraschend geräuschlos eine schwarz-grüne Landesregierung führt. Bouffier kam auf 85,4 Prozent. Armin Laschet, 55, Landeschef der nordrhein-westfälischen CDU, musste erfahren, dass es nicht reicht, kurz vor einer wichtigen Landtagswahl zu stehen, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. 81,2 Prozent sind nicht beeindruckend, obwohl die NRW-Wahl im Mai als Generalprobe für den Bund gilt. Thomas Strobl, 56, CDU-Chef in Baden-Württemberg und dort auch Innenminister, versuchte kurz vor dem Parteitag mit einem besonders scharfen Asylkurs zu punkten. Das gelang nicht: 73,9 Prozent sind sogar etwas weniger als vor zwei Jahren.

Jens Spahn

Jens Spahn

Foto: Volker Hartmann/ Getty Images

Wenn sich aus der zweiten Reihe kaum jemand aufdrängt, wie sieht es im weiteren Führungskreis aus? Viele Augen richten sich auf Jens Spahn, 36. Er zog vor zwei Jahren per Kampfkandidatur ins Präsidium ein, gegen den Willen der Kanzlerin. Damals holte er knapp 66 Prozent.

Inzwischen ist Spahn Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, Stimme der Konservativen und gern gesehener Gast in TV-Talkshows. Manchem sind Ehrgeiz und Umtriebigkeit Spahns verdächtig, ähnlich wie bei von der Leyen.

Mit 70,5 Prozent fiel das Ergebnis daher diesmal nur wenig besser aus als 2014 - trotz einer umjubelten Bewerbungsrede. Darin zeichnete er ein Horrorszenario für die CDU: eine rot-rot-grüne Regierung mit Kanzler Sigmar Gabriel, Finanzministerin Sahra Wagenknecht und Außenministerin Claudia Roth. Dann doch lieber Merkel, de Maizière, Schäuble und von der Leyen, rief Spahn. Seine Zeit wird kommen, aber wohl noch nicht 2021.

Thomas de Maizière und Angela Merkel

Thomas de Maizière und Angela Merkel

Foto: WOLFGANG RATTAY/ REUTERS

Thomas de Maizière, 62, hat schwere Zeiten hinter sich. Als Verteidigungsminister kämpfte er mit Rüstungsprojekten und Drohnen-Debakel, als Innenminister wirkte es, als traue ihm Merkel die Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht zu. Jetzt aber rückt de Maizière für Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ins Präsidium ein. Damit gehört er wieder zur Kanzlerreserve.

Das gilt nach wie vor auch für Wolfgang Schäuble, 74. Wobei der Finanzminister sicher nicht das Zukunftsmodell der CDU ist. Schäuble stünde nur kurzfristig für den Fall der Fälle bereit. Mit 88,6 Prozent kommt er von den Präsidiumsmitgliedern der Kanzlerin am nächsten.


Außerdem wurden ins CDU-Präsidium gewählt:

  • Monika Grütters, CDU-Landeschefin in Berlin: 70,4 Prozent
  • Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin des Saarlandes: 85,2 Prozent
  • Karl-Josef Laumann, Staatssekretär im Gesundheitsministerium: 78,2 Prozent
  • David McAllister, Europaparlamentarier: 82,3 Prozent
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