CDU-Präsidiumsmitglied Schönbohm
"Westerwelles Führung war nicht zu erkennen"
CDU-Präsidiumsmitglied Jörg Schönbohm zeigt sich zufrieden mit dem Erfolg der Union, ist aber enttäuscht über den möglichen Koalitionspartner FDP. Deren Parteichef Guido Westerwelle habe keine richtige Führung gezeigt, so der Brandenburger Innenminister im Interview mit SPIEGEL ONLINE.
Herr Schönbohm, sind Sie enttäuscht? Ihnen wird ja nachgesagt, Sie wollten im Falle eines Sieges der Union Verteidigungsminister werden?
Jörg Schönbohm: Nein. Überhaupt nicht. Wir haben ein hervorragendes Ergebnis. Ich habe eine Aufgabe in Brandenburg - und die werde ich weiter ausfüllen.
SPIEGEL ONLINE: So wie es aussieht, könnte es für die Union nicht reichen.
Schönbohm: Abwarten. Zunächst einmal gilt, dass wir die stärkste Fraktion im Bundestag stellen. Damit haben wir eines - ich sage eines - unserer Wahlziele schon einmal erreicht.
SPIEGEL ONLINE: Woran lag es?
Schönbohm: An der Geschlossenheit der Union, an der starken Zusammenarbeit zwischen Angela Merkel und Edmund Stoiber. Es war ja ein Wahlkampf, der in den Medien anders dargestellt wurde. Wir können wirklich stolz auf unser Ergebnis sein.
SPIEGEL ONLINE: Aber müssten Sie nicht wütend auf die FDP sein? Sie hat der Union möglicherweise eine schwarz-gelbe Koaltion verhagelt. War das auch der NRW-Landeschef Jürgen Möllemann, der da einen Strich durch die Rechnung gemacht hat?
Schönbohm: Mit Sicherheit.
SPIEGEL ONLINE: Ist auch Westerwelles Führungskurs daran schuld?
Schönbohm: Die Menschen wollen Führung, auch von einem Parteivorsitzenden. Und das konnte man bei Herrn Westerwelle so nicht erkennen. Und der Herr Möllemann war für die FDP ein Danaergeschenk.
SPIEGEL ONLINE: Wären Sie im Falle der Fälle für eine Große Koalition?
Schönbohm: So wie es aussieht, gibt es entweder einen Sieg für Union und FDP oder Rot-Grün. Wenn SPD und Grüne, und wenn auch nur knapp, eine Regierung stellen können, dann sollen sie das auch tun. Der Kanzler wollte dieses Projekt fortsetzten - dann soll er es auch fortsetzen.
SPIEGEL ONLINE: Als Vorsitzender eines ostdeutschen CDU-Landesverbandes -woran liegt das schlechte Abschneiden der PDS?
Schönbohm: Die Irakfrage hat mit Sicherheit Stimmen von der PDS zur SPD abgezogen. Wobei man nach der Wahl noch einmal in Ruhe darüber reden muss, ob der Kanzler mit seinem Nein zu einem Engagement Deutschlands in der Irakfrage nicht enormen außenpolitischen Schaden angerichtet hat. Zum anderen hat die PDS es offensichtlich nicht geschafft, ihre bundespolitische Bedeutung darzustellen.
SPIEGEL ONLINE: Was folgt daraus für die Politik in Ostdeutschland?
Schönbohm: Ich halte es für möglich, dass die PDS-SPD-Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern die letzten Auslaufmodelle sind. Die PDS wird, und das ist das Zeichen dieses Wahlabends, eine regionale Partei bleiben. Ihr bundesdeutscher Traum ist ausgeträumt.