Kandidaten-Check Wer führt künftig die CDU?
Tanja Samrotzki, Moderatorin
»Ich finde, sie drei gäben auch eine prima Skatrunde ab – aber dafür ist der Tisch ein bisschen groß und das Licht nicht gemütlich genug.«
Ein Spiel ist das hier sicher nicht – aber um Sieg oder Niederlage geht es schon: Diese drei Männer kämpfen um den Vorsitz von Deutschlands mächtigster Volkspartei – der CDU. Umfragen zufolge zeichnet sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Doch wer hat die größten Chancen, am kommenden Wochenende die meisten Delegierten-Stimmen auf sich zu ziehen? Ein Überblick.
Kandidat Nummer 1: Armin Laschet
· aktuell NRW-Ministerpräsident
· er gilt als ausdrücklicher Verfechter des Kanzlerinnen-Kurses
Obwohl in seiner Karriere oft unterschätzt, startete Laschet als klarer Favorit ins Rennen.
Immerhin konnte Laschet, anders als Röttgen oder Merz, schon mal eine Wahl gewinnen. 2017 als er ziemlich unerwartet Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen wurde.
Der 59-Jährige gilt als Vertrauter von Angela Merkel. Doch in der Corona-Krise positionierte er sich teilweise offen gegen den strengen Kurs der Kanzlerin, was ihm einige Sympathiepunkte kostete.
Kritiker bezweifeln, ob Laschet es schaffen würde, im Wahlkampf als Zugpferd aufzutreten. Doch seine Qualitäten als Sympathieträger sollten nicht unterschätzt werden.
Florian Gathmann, DER SPIEGEL
»Wenn man Armin Laschet besser kennenlernt, stellt man fest, dass er – klassische Rheinländer – viel witziger ist, als man es öffentlich von kennt und lustiger. Und das ist im Übrigen auch eine Parallele zu Angela Merkel, von der man in der Öffentlichkeit ja auch nicht weiß, dass sie in Wahrheit im kleinen Kreis sehr, sehr witzig und komisch sein kann.«
Kandidat Nummer 2: Norbert Röttgen
· Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag
· er konkurriert mit Armin Laschet um Stimmen aus dem liberalen Lager
Röttgen ist ambitioniert, lässt sich auch von schweren Rückschlägen nicht entmutigen auf dem Weg nach oben. Seine größte Niederlage: die Entlassung aus dem Ministeramt – von Angela Merkel persönlich. Damals wollte Röttgen Ministerpräsident von NRW werden, hielt aber daran fest, im Falle einer Niederlage sein Berliner Amt behalten zu wollen. Die Wahl ging verloren und Merkel nahm Röttgen das mangelnde Bekenntnis zur Landespolitik übel.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin
»Ich habe heute Vormittag mit dem Herrn Bundespräsidenten gesprochen und ihm gemäß Artikel 64 des Grundgesetzes vorgeschlagen, Norbert Röttgen von seinen Aufgaben als Bundesumweltminister zu entbinden.«
Doch seither hat sich Röttgen Schritt für Schritt wieder nach oben gearbeitet. Obwohl er eigentlich keinen wichtigen Posten innehat, ist er dauerpräsent in den Medien. Der 55-Jährige sieht sich als Erneuerer in der CDU.
Norbert Röttgen, Kandidat für den CDU-Vorsitz
»Das, was die modernen Fragestellungen sind, das müssen wir sein und dann füllen wir den Platz und den Anspruch, moderne Mitte zu sein, auch aus.«
Florian Gathmann, DER SPIEGEL
»Röttgen kommt ja im Moment wirklich so als der lässige Kandidat dieser drei daher. Aber wenn man ihm ein bisschen genauer zuhört, auch im kleineren Kreis, und ein bisschen besser kennt, dann weiß man, dass dem eigentlich schon eine ziemliche Streber-Attitüde gegenübersteht. Nicht von ungefähr lautete der Spitzname von Norbert Röttgen, als Angela Merkel ihn noch gefördert hat, ›Muttis Bester‹ also einer, der immer zeigen will, dass er der Beste ist und dass er alles besser kann als alle anderen.«
Kandidat Nummer 3: Friedrich Merz
· war ab 2000 Unionsfraktionschef – bis Merkel ihn 2002 absägte
· er gilt als Liebling der Konservativen
Friedrich Merz steht für einen klaren Bruch mit der Ära Merkel. Nach seinem Ausscheiden aus der Politik war er lange in der Wirtschaft tätig, z.B. als Aufsichtsrat bei Blackrock – der weltgrößten Vermögensverwaltung.
2018 wollte Merz zurück an die Macht, versuchte sich von Merkels "Kurs der Mitte" abzugrenzen und Parteivorsitzender zu werden – damals verlor er knapp gegen Annegret Kramp-Karrenbauer.
Seither war er fleißig, hat bei Landesverbänden für sich geworben, sich immer wieder ins Gespräch gebracht. Der Sauerländer rühmt sich damit, an der Basis beliebt zu sein. Hört man sich dort um, klingt das so:
»Er hat einen Plan und fühlt sich wohl damit. Für mich ist er der nächste Bundeskanzler.«
»Er ist cool, ja und er schafft das.«
Kritiker bemängeln, er sei der Mann mit den Rezepten von gestern.
Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz
»Die Partei muss wieder ohne Wenn und Aber eine Partei des Rechtsstaats sein.«
Florian Gathmann, DER SPIEGEL
»Friedrich Merz ist jemand, den viele für so einen Sprücheklopfer halten und für jemanden, der für einfache Wahrheiten steht. Viele erinnern sich ja noch an die Steuererklärung auf dem Bierdeckel, mit der er berühmt geworden ist. Aber wenn man Merz dann mal im kleineren Kreis erlebt, und im Grunde genommen muss man nur mal auf eine Veranstaltung mit ihm gehen, dann merkt man, wie differenziert er auch argumentiert und wie er echt in der Lage ist, komplizierte Sachverhalte auch sehr komplex darzustellen und trotzdem verständlich.«
Noch lässt sich am Tisch kein klarer Gewinner ausmachen. Wie die CDU-Delegierten am Wochenende abstimmen, ist völlig ungewiss.
Florian Gathmann, DER SPIEGEL
»Ich glaube, alle drei Kandidaten haben Chancen und sie haben auch deswegen alle drei Chancen, weil das Setting, in dem dieser Parteitag stattfindet, der ja der erste komplett digitale Parteitag der CDU ist, so ungewöhnlich ist und so ungekannt. Da werden 1001 Delegierte, jeder an einem anderen Ort vor einem Rechner sitzen. Keiner weiß, welche anderen Personen mit im Raum sind Kinder, Partner, Partnerin, wenn diese Delegierten die Reden sich anschauen, wenn die Delegierten entscheiden, für wen sie abstimmen und deswegen ist es ein absoluter Blick in die Glaskugel.«
Fest steht: Selbst mit einem neuen Vorsitzenden sind noch längst nicht alle Personalfragen geklärt. Denn die Diskussion um den Kanzlerkandidaten steht weiterhin aus.