Kritik an Führungsdiskussion der Union "Personaldebatten lenken nur ab"
Das schlechte Abschneiden der Union in Thüringen hat die Debatte um die Parteiführung erneut befeuert. Die Unionsfraktionsvizevorsitzenden Andreas Jung und Nadine Schön warnen nun vor den Folgen einer solchen Diskussion.
Kurz nach der Wahlschlappe in Thüringen sieht sich die CDU einer neuen Personaldebatte ausgesetzt - doch nicht allen in der Partei kommt diese gelegen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion etwa, Andreas Jung, kritisiert die neuerliche Führungsdiskussion.
"Eine Personaldebatte aufgrund der Wahl in Thüringen widerspricht diametral der Erwartung der Bürger an uns", sagte der CDU-Politiker dem SPIEGEL. "In den Umfragen dort kritisiert eine überdeutliche Mehrheit, bei der CDU gehe es genauso wie bei der SPD zu viel ums Personal."
Jung, Mitglied des Landesvorstands der baden-württembergischen CDU, verteidigte zudem die Arbeit der Großen Koalition und damit auch Kanzlerin Angela Merkel. "Als Lehre daraus sollten wir uns deshalb mit solider Arbeit und guter Vermittlung auf die zweite Halbzeit konzentrieren, statt den Eindruck zu erwecken, es gehe schon jetzt mehr um die nächste Wahl und Personen als um Inhalte und Positionen", sagte Jung dem SPIEGEL.
Brok bringt CSU-Kanzler ins Spiel
Auch Nadine Schön, ebenfalls Unionsfraktionsvize, kritisierte die erneute Personaldebatte. Personal- und Führungsfragen seien im vergangenen Jahr geklärt worden, sagte die Bundestagsabgeordnete aus dem Saarland. "Die Landtags- und Europawahlen haben gezeigt, dass es Unzufriedenheit und ernsthafte Sorgen in der deutschen Bevölkerung gibt und leider auch eine Spaltung des Landes", so Schön weiter. Dies zusammenzuführen, die Probleme der Menschen zu lösen und vor allen eine positive Vision für die Zukunft unseres Landes zu entwickeln, sei Aufgabe der Partei. "Personaldebatten lenken nur ab und verschwenden Zeit und Energie und sind daher unnötig."
Zuletzt hatte CDU-Vorstandsmitglied Elmar Brok die Diskussion angefacht, als er nahelegte, der nächste Kanzlerkandidat der Union werde womöglich von der CSU aufgestellt werden.
Merz hatte die Diskussion angestoßen
Der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz hatte das Thüringer Wahlergebnis als "großes Misstrauensvotum" gegen die Große Koalition in Berlin gewertet. Im Mittelpunkt der Kritik stehe ganz überwiegend Kanzlerin Merkel (CDU), die "politische Führung und klare Aussagen" vermissen lasse, sagte er am Montag im ZDF. Mehrere Politiker aus den Reihen der Union und FDP schlossen sich dieser Kritik an, darunter Hessens Ex-Regierungschef Roland Koch.
Ebenso der Chef der konservativen CDU-Gruppierung Werteunion, Alexander Mitsch. "An der Basis der Union ist große Erleichterung darüber zu spüren, dass das, was viele beschäftigt, nun offen von Herrn Merz ausgesprochen wird. Es geht jetzt nur noch darum, wie und wie schnell diese Aufbruchstimmung tatsächlich zu einem Wechsel im Kanzleramt führt", sagt Mitsch.
Andere wollen eine Personaldiskussion hingegen vermeiden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sprang der Kanzlerin mit deutlichen Worten zur Seite.
Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach von einer "Debatte zur Unzeit". "Diejenigen, die heute schon eine Entscheidung herbeireden wollen, führen Scheingefechte, die der CDU nur schaden", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
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mes/flo/dpa