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Erhöhung der Spitzensteuer FDP-Fraktionschef kritisiert Steueridee der Wirtschaftsweisen

Die Wirtschaftsweisen schlagen der Regierung eine befristete Erhöhung der Spitzensteuer vor, doch die FDP lehnt das im SPIEGEL strikt ab. Damit verschärft sich der Konflikt mit der SPD-Parteilinken.
aus DER SPIEGEL 46/2022
FDP-Fraktionschef Dürr

FDP-Fraktionschef Dürr

Foto: Michael Kappeler / dpa

Für manchen in der FDP liest sich wie eine kleine Provokation, was die Wirtschaftsweisen jüngst der Koalition mit auf den Weg gegeben haben. Besserverdiener könnten etwa »streng befristet« über einen Energie-Soli oder einen höheren Spitzensteuersatz an der Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen beteiligt werden.

Steuererhöhungen sind bei den Liberalen aber ein äußerst sensibles Thema – haben sie doch genau das vor und nach der Bildung der Ampelregierung wiederholt ausgeschlossen. »Wenn die Wirtschaftsweisen neue Steuererhöhungen fordern, verkennen sie offenbar die Belastungsrealität der Mitte der Gesellschaft«, sagte der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr.

Aus: DER SPIEGEL 46/2022

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Die »hart arbeitende Mitte der Gesellschaft gehört in der aktuellen Situation entlastet und nicht belastet«, sagt Dürr. Deutschland sei bereits jetzt ein Hochsteuerland. Genau aus diesem Grunde habe die Ampel »bereits im Koalitionsvertrag die Erhöhung der Steuerlast ausgeschlossen«.

Angesichts der Linie der FDP war – kaum überraschend – am Mittwoch auch die Aussage von Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ausgefallen: »Die Bundesregierung wird nicht zusätzlich die Steuern erhöhen.« Die Wirtschaft und die Bürger seien stark genug durch die gestiegenen Preise belastet. In einer Phase wirtschaftlicher Unsicherheit wären zusätzliche Belastungen bei der Steuer enorm gefährlich, so Lindner. Ein solches Experiment wolle die Bundesregierung nicht unternehmen.

»Wenn die Wirtschaftsweisen neue Steuererhöhungen fordern, verkennen sie offenbar die Belastungsrealität der Mitte der Gesellschaft«

FDP-Fraktionschef Christian Dürr zum SPIEGEL

Doch in der SPD wird weiter auf eine Beteiligung der Besserverdienenden gedrängt. »Ob Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Energie-Soli für die absoluten Topverdiener oder auch eine Vermögensabgabe – wir stehen natürlich vor der Aufgabe auch das akute Krisenmanagement sozial ausgeglichen auszugestalten. Der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen können, gilt doch in Krisen ganz besonders«, sagte die Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Wiebke Esdar, dem SPIEGEL. Der Vorschlag der Ökonomen im Sachverständigenrat für einen befristeten Energie-Solidaritätszuschlag oder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes war in der SPD wohlwollend aufgenommen worden.

Irritationen in der FDP hatte es auch gegeben, weil die Sachverständigen ein Kernelement der aktuellen Haushaltsplanungen Lindners kritisieren: bei der kalten Progression für Entlastungen zu sorgen. Der Ausgleich sei zwar steuersystematisch grundsätzlich geboten, so Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrates. »Aktuell geht es aber um eine zielgenaue Entlastung unterer und mittlerer Einkommensgruppen, und die öffentlichen Haushalte sollten nicht überstrapaziert werden. Daher sollte der Abbau der kalten Progression auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden«, schlug Truger bei der Vorstellung des Berichts vor.

Fraktionschef Dürr lehnte gegenüber dem SPIEGEL den konkreten Vorschlag der Wirtschaftsweisen für eine Verschiebung der Entlastung bei der kalten Progression strikt ab. »Mit dem Inflationsausgleichsgesetz sind wir nun den richtigen Schritt gegangen, indem wir verhindern, dass die Inflation zu einer schleichenden Steuererhöhung wird«, sagte Dürr. Auf diesem Wege entlaste die Koalition »gezielt 48 Millionen Menschen in unserem Land«.

FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler erklärte, mitten in einer schweren Wirtschaftskrise verböten sich zusätzliche Belastungen. Alle neuen Gesetze müssten gründlich darauf abgeklopft und, wenn nötig, verschoben werden. »Steuererhöhungen wird es mit der FDP-Fraktion daher definitiv nicht geben«, betonte Köhler.

cte/sev
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