Erste Corona-Einigungen zwischen Länderchefs und Merkel Bund und Länder vertagen Entscheidung über umstrittenes Beherbergungsverbot

Bundeskanzlerin Merkel mit Bundesminister Scholz und Verkehrsminister Scheuer in Berlin
Foto: Florian Gaertner/photothek.net / imago imagesAngesichts steigender Infektionszahlen in Deutschland haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder im Kanzleramt über eine einheitliche Verschärfung der Corona-Regeln beraten. Auf einer Pressekonferenz teilte Merkel mit, dass man sich auf "erhebliche Einschränkungen" bei Kontakten verständigt habe. Die Bundeskanzlerin betonte das Ziel, eine unkontrollierte Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu verhindern.
Deutschland sei bereits in einer exponentiellen Phase, sagte sie. Nun stehe man an einem entscheidenden Punkt. Die Frage sei, ob die Maßnahmen ausreichten oder nicht. Sie appellierte an die Bürger, in dieser "entscheidenden und kritischen Phase", dass alle mitmachten und die Regeln befolgten. "Wir können gegen dieses Virus ankämpfen." Es komme darauf an, die Zahl der Kontakte zu verringern.
Die Verhandlungen verliefen zäh, Bund und Länder vertagten eine Entscheidung beim umstrittenen Beherbergungsverbot auf nach den Herbstferien. Bereits im Laufe des Abends drangen immer mehr Beschlüsse nach außen, die dem SPIEGEL bestätigt wurden:
In Städten und Gegenden mit stark steigenden Corona-Zahlen soll es künftig generell eine Sperrstunde um 23.00 Uhr in der Gastronomie geben. Dies soll ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche gelten.
In Regionen mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche werden private Feiern künftig generell zudem auf maximal zehn Teilnehmer und zwei Hausstände begrenzt.
Bleibt der Wert der Neuinfektion über zehn Tage hinweg so hoch, dürfen sich nur noch maximal fünf Personen aus zwei Hausständen zu privaten Feiern treffen.
Ab einer Inzidenz von 35, also 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern, soll eine ergänzende Maskenpflicht gelten, und zwar dort, wo Menschen nahe und über einen längeren Zeitraum zusammenkommen.
Merkel reichen die Beschlüsse jedoch nicht aus: "Ich bin nicht zufrieden", sagte sie nach SPIEGEL-Informationen während der Verhandlungen. "Die Ergebnisse sind nicht hart genug, dass wir Unheil abwenden." Die Kanzlerin hatte mehrfach betont, ein erneuter Lockdown solle unbedingt verhindert werden - also ein Herunterfahren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wie im Frühjahr. Vorrang müsse es haben, die Wirtschaft am Laufen zu halten und den Betrieb in Schulen und Kitas aufrechtzuerhalten.
Fallzahlen steigen massiv an
Mehrere Städte mit hohen Zahlen von Corona-Neuinfektionen etwa haben bereits Sperrstunden verhängt. So müssen in Berlin seit dem vergangenen Wochenende Restaurants, Bars und Kneipen von 23.00 bis 6.00 Uhr morgens geschlossen sein. Auch in Bremen gibt es eine solche Regelung.
In vielen Regionen in ganz Deutschland, darunter viele Großstädte, waren die Fallzahlen in den vergangenen Tagen und Wochen wieder massiv gestiegen. Mancherorts droht bereits ein exponentielles Wachstum, die Rückverfolgung von Ansteckungen könnte im schlimmsten Fall unmöglich werden.