Beschluss der Gesundheitsminister AstraZeneca erst ab 60 Jahren – für Jüngere auf eigenes Risiko

AstraZeneca-Impfstoff
Foto: HANNIBAL HANSCHKE / REUTERSMit dem Coronaimpfstoff des Herstellers AstraZeneca sollen ab dem morgigen Mittwoch Personen ab 60 Jahren geimpft werden. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen.
Zur Begründung hieß es, man nehme die vom Paul-Ehrlich-Institut berichteten Fälle von Hirnvenenthrombosen im Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung sehr ernst. Die Ständige Impfkommission (Stiko) habe inzwischen eine überarbeitete Corona-Impfempfehlung abgegeben. Daran hat sich die Gesundheitsministerkonferenz orientiert.
Die Stiko hatte mitgeteilt, seltene, aber sehr schwere thromboembolische Nebenwirkungen seien 4 bis 16 Tage nach der Impfung ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten. Dabei geht es um Auffälligkeiten mit Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen, die vor allem bei jüngeren Frauen gemeldet wurden.
Einige Bundesländer, Kommunen und Kliniken hatten Impfungen mit AstraZeneca deshalb bereits für unter 60-Jährige ausgesetzt (mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier).
Bei den bislang in Deutschland verabreichten Dosen macht der Impfstoff von AstraZeneca einen Anteil von 17 Prozent aus. Im zweiten Quartal sollte der Anteil allerdings wachsen: Deutschland rechnete zuletzt mit 16,9 Millionen Impfdosen des Unternehmens. Nach dem Impfstoff von Biontech/Pfizer hätte die Vakzine damit die zweitgrößte Menge der Impfdosen in Deutschland ausgemacht. Der Zeitplan für die Impfkampagne, den die Bundesregierung seit Wochen verspricht, könnte damit durchaus in Gefahr geraten.
Der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz bedeutet nicht, dass eine Impfung mit AstraZeneca für jüngere Personen ausgeschlossen ist. Unter 60-Jährige sollen sich »nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung« weiterhin damit impfen lassen können, heißt es in dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz, der auch dem SPIEGEL vorliegt. Dies solle nur noch in Hausarztpraxen geschehen.
Wer jünger als 60 ist und eine Erstimpfung mit AstraZeneca bereits erhalten hat, hat nun dem Beschluss zufolge zwei Möglichkeiten:
Die Zweitimpfung unter den genannten Bedingungen zu erhalten
Zu warten, bis die Stiko zu der Frage Stellung genommen hat und dann gegebenenfalls eine weitere Impfung mit einem anderen Impfstoff zu bekommen. Es werde in jedem Fall sichergestellt, so der Beschluss, dass »alle Zugang zu einem Impfschema mit in der EU zugelassenen Impfstoffen haben werden, um eine volle Schutzwirkung zu erreichen«.
Zudem stellte die Gesundheitsministerkonferenz es den Ländern frei, bereits jetzt auch die 60- bis 69-Jährigen für den AstraZeneca-Impfstoff mit in ihre Impfkampagne einzubeziehen. Dies gebe die Möglichkeit, »diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden dritten Welle nun schneller zu impfen«. Derzeit laufen generell Impfungen in den ersten beiden Prioritätsgruppen, zu denen – bezogen auf das Lebensalter – Menschen ab 70 gehören.
Nach den Gesundheitsministern wollen Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am Abend über Impfungen mit AstraZeneca beraten. Nach SPIEGEL-Informationen sind für die Runde nur die Länderchefs geladen, nicht wie sonst üblich auch die Chefs der Staatskanzleien und weitere Mitarbeiter. Nach Abschluss der Beratungen wurde eine Pressekonferenz mit Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigt.