Kampf gegen Corona
Spahn drängt auf zügige Zulassung weiterer Impfstoffe in der EU
Gesundheitsminister Spahn hält den Start der Impfkampagne in Deutschland für »gelungen«. Eine Rückkehr zur Normalität sei jedoch noch in weiter Ferne. Die EU solle rasch weitere Impfstoffe prüfen.
Drei Tage nach dem bundesweiten Start der Impfkampagne gegen das Coronavirus hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein erstes positives Resümee gezogen. »Ja, es ruckelt«, sagte Spahn in Berlin, aber insgesamt sei der Impfstart »gelungen«. Für die kommende Woche stellte Spahn die EU-weite Zulassung des neuen Impfstoffs von Moderna in Aussicht, auch der Impfstoff von AstraZeneca dürfte bald zugelassen werden. Er gehe von einer »gründlichen und zügigen Bearbeitung« durch die europäischen Behörden aus.
In Deutschland ist bisher nur die vom Mainzer Unternehmen Biontech kreierte Vakzine zugelassen und wird seit dem Wochenende den ersten Impfwilligen verabreicht. Spahn rechnet damit, dass sich jeder in Deutschland »Richtung Sommer« impfen lassen kann – abhängig davon, ob die Impfstoffe weiterer Unternehmen wie Johnson & Johnson, AstraZeneca und Curevac zugelassen werden. Am Mittwoch hatte Großbritannienals weltweit erstes Land den von der schwedischen Pharmafirma AstraZeneca und der britischen Oxford-Universität entwickelten Stoff zugelassen.
»Die Zahlen zeigen, wie brutal das Virus noch immer zuschlägt«
»Impfen ist der Schlüssel raus aus dieser Pandemie«, sagte Spahn. Dennoch warnte der Gesundheitsminister vor einer schnellen Rückkehr ins gewohnte Leben. Die einschneidenden Corona-Beschränkungen müssen nach seiner Einschätzung auch nach Fristablauf am 10. Januar zumindest teilweise verlängert werden. In den Modus vor dem Lockdown könne man noch nicht zurückkehren. 1129 Corona-Todesfälle habe das Robert Koch-Institut (RKI) am Mittwoch übermittelt, sagte Spahn. »1129 Familien werden diesen Jahreswechsel in Trauer erleben«. Die Zahlen würden zeigen, »wie brutal das Virus noch immer zuschlägt«.
Eine Impfpflicht lehnte Spahn weiterhin ab, auch für Ärzte und Pflegerinnen. Impfen sei ein »Gebot der Vernunft«. Seit dem Wochenende hätten in Deutschland mehr als 60.000 Menschen die Immunisierung erhalten.
Mit Blick auf die umstrittene Terminvergabe bat Spahn um Geduld, aber mahnte zur Einsicht: »Dass wir nach zehn harten Monaten einen Impfstoff haben, ist erst mal Anlass zur Freude.« Unstimmigkeiten bei der Terminvergabe könne es in den kommenden zwei Wochen noch geben.
Wie Bürger ihren Termin bekommen, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Einige Länder bieten eigene Hotlines an, andere organisieren die Terminvergabe über die allgemeine Telefonnummer 116117, auch Apps sollen genutzt werden.
Spahn bat die Bürgerinnen und Bürger weiterhin um das Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln und um Geduld. »Der Impfstoff ist auf der ganzen Welt knapp, auch hier in Deutschland.« Entsprechend dauere es noch, bis ein Großteil der Bevölkerung geimpft sei. Vortritt hätten jetzt all jene, die die Impfung am dringendsten brauchen – Ältere sowie Ärztinnen und Pflegende, die unmittelbar mit Corona-Infizierten zusammenarbeiten.
Aktuelle Zahlen sind wenig aussagekräftig
Auch RKI-Chef Lothar Wieler warnte, dass das Coronavirus weiterhin in ganz Deutschland in allen Bevölkerungs- und Altersgruppen verbreitet sei, »und das wird auch noch viele weitere Wochen so sein«. Besonders betroffen seien weiterhin die Älteren, immer wieder komme es zu Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen. Insgesamt seien aktuell mehr 350.000 mit dem Coronavirus infiziert. Die aktuellen Zahlen seien jedoch wenig aussagekräftig: Aufgrund der Feiertage gingen weniger Menschen zum Arzt, nicht alle Gesundheitsämter haben zudem Fälle übermittelt.
Die deutsche Impfkampagne begann am Wochenende in Alten- und Pflegeeinrichtungen. Mobile Impfteams hatten Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort aufgesucht. Wer wann geimpft werden kann, regelt die Impfverordnung. Eine Priorisierung ist nötig, weil zunächst nicht ausreichend Impfdosen für alle verfügbar sein werden. Höchste Priorität haben Menschen ab 80 sowie all jene, die in stationären Einrichtungen zur Behandlung, Betreuung oder Pflege älterer oder pflegebedürftiger Menschen betreut werden oder tätig sind.