Haushaltsdebatte Lauterbach erwartet bei fehlender Impfpflicht neue Coronabeschränkungen im Herbst

Die Coronainfektionen in Deutschland sind auf einem Rekordhoch. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gibt es nur einen Weg aus der Pandemie: die Impfpflicht. Die Opposition winkt ab.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach

Foto: Political-Moments / IMAGO

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht nur eine Möglichkeit, die Pandemie zu beenden: eine allgemeine Impfpflicht, für die er am Donnerstag eindringlich im Bundestag warb. Sonst drohten im Herbst erneut Coronabeschränkungen und Schließungen, warnte er.

Das Robert Koch-Institut meldete am Donnerstag erstmals über 300.000 Neuinfektionen an einem Tag. Binnen 24 Stunden wurden demnach 300 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert.

»Das ist keine Situation, die wir akzeptieren können«, sagte Lauterbach dazu im Bundestag. Er forderte dabei die Länder auf, die noch möglichen Beschränkungen im neuen Infektionsschutzgesetz auch zu nutzen.

Das überarbeitete Gesetz sieht nur noch Basisschutzmaßnahmen wie eine Maskenpflicht in medizinischen und Pflegeeinrichtungen sowie im öffentlichen Nahverkehr vor. Die Länder haben aber die Möglichkeit, über gesonderte Beschlüsse in »Hotspots« schärfere Maßnahmen zu verhängen. Lauterbach ging allerdings nicht auf die Länderkritik ein, dass diese Möglichkeit kaum umsetzbar sei.

»Beenden wir die Pandemie in diesem Jahr!«

Karl Lauterbach

Den eigentlichen Hebel sieht der Minister in der von ihm angestrebten Corona-Impfpflicht für alle ab 18 Jahren. »Beenden wir die Pandemie in diesem Jahr!«, sagte er bei der Debatte des Gesundheitsetats im Bundestag. »Wir sollten diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen.«

Sonst werde im Herbst erneut die Debatte über Coronaschutzmaßnahmen beginnen: »Reicht das Infektionsschutzgesetz aus? ... Was müssen wir schließen? Müssen die Kinder Masken tragen?«, sagte Lauterbach. »Der einzige zuverlässige Weg aus der Pandemie heraus ist die allgemeine Impfpflicht.«

Lauterbach appellierte ausdrücklich an CDU und CSU, dieser zuzustimmen. Der eigene Vorschlag der Unionsfraktion für ein Impfvorsorgegesetz, das erst später einen Beschluss über eine mögliche Impfpflicht vorsieht, reiche nicht. »Wenn wir zu spät beginnen mit der Impfpflicht, dann haben wir die Impfpflicht erst durchgezogen für das nächste Frühjahr. Das wäre zu spät.«

Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge kritisierte, dass Lauterbach seine Redezeit in der Haushaltsdebatte praktisch ausschließlich für das Werben für die Impfpflicht nutzte. »Das zeigt mir wieder mal mehr, dass offensichtlich eine sehr hohe Nervosität bei Ihnen herrscht«, sagte er. Die allgemeine Impfpflicht »hat in diesem Haus keine Mehrheit«.

Die Ampelkoalition hat keinen eigenen Vorschlag für die allgemeine Impfpflicht vorgelegt. Grund ist Widerstand aus der FDP. Die Abgeordneten sollen im April über sogenannte Gruppenanträge aus dem Parlament befinden, ohne dem Fraktionszwang unterworfen zu sein.

Lauterbach forderte angesichts der Rekordinfektionszahlen auch alle Ungeimpften auf, sich wenigstens einmal impfen zu lassen. Schon dies reduziere deutlich das Risiko, »intensivmedizinisch versorgt zu werden oder sogar zu sterben«, betonte der Minister. »Ein großer Teil der 300 Menschen, die jetzt pro Tag versterben, sind Ungeimpfte.«

Der Minister warnte auch vor den langfristigen »Kosten« durch Long Covid, also noch lange nach der Infektion auftretenden Symptomen wie Erschöpfungszuständen. »Long Covid wird zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland gehören«, sagte Lauterbach. Und dies gelte »insbesondere auch bei denjenigen der mittleren Lebensphase«.

mfh/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren