Coronakrise
Merkel sieht EU-Schulden als "klar begrenzt"
In der Coronakrise nimmt die EU erstmals gemeinsam Schulden auf. Kanzlerin Merkel erinnert über ihren Sprecher an deren begrenzte Laufzeit und Höhe. Finanzminister Scholz sieht hingegen "tief greifende Veränderungen".
Kanzlerin Merkel: Antwort auf eine ganz außergewöhnliche Notsituation
Foto: Michael Sohn / dpa
Um die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen, haben sich die 27 EU-Staaten im Juli auf ein 1,8-Billionen-Euro-Paket geeinigt. Zentraler Punkt ist dabei, dass die EU erstmals im großen Stil gemeinsame Schulden aufnehmen wird. Nun hat sich Angela Merkel noch einmal dazu geäußert. Die Kanzlerin sieht die gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa als eine begrenzte Maßnahme an.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, es handle sich um eine außergewöhnliche Antwort auf eine ganz außergewöhnliche Notsituation, in der sich Europa befinde. Die Befugnisse der EU-Kommission, im Namen der EU Mittel am Kapitalmarkt aufnehmen zu können, seien zeitlich und hinsichtlich Höhe und Umfang "klar begrenzt". Sie seien ausgerichtet auf die Bewältigung der aktuellen Krise.
Dagegen ist aus Sicht von Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) die gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa keine krisenbedingte "Eintagsfliege".
"Der Wiederaufbaufonds ist ein echter Fortschritt für Deutschland und Europa, der sich nicht mehr zurückdrehen lässt", sagte der SPD-Kanzlerkandidat den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die EU nehme erstmals gemeinsame Schulden auf, setze diese gezielt gegen die Krise ein und verpflichte sich, bald mit der Rückzahlung zu beginnen: "All das sind tief greifende Veränderungen, vielleicht die größten Veränderungen seit Einführung des Euro." In der CDU stießen seine Äußerungen auf heftigen Widerspruch.
"Herr Scholz gibt immer mehr den Kanzlerkandidaten der SPD als den verantwortungsvollen Bundesfinanzminister", sagte Unionshaushaltsexperte Eckhardt Rehberg der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Er positionierte sich gegen gemeinsame europäische Schulden und Eurobonds.
Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer hatten sich vor einem Monat auf ein Corona-Krisenprogramm im Umfang von 750 Milliarden Euro geeinigt. 390 Milliarden Euro sollen als direkte Zuschüsse und 360 Milliarden Euro als Kredite gewährt werden. Außerdem wird die EU-Kommission erstmals europäische Schulden an den Finanzmärkten aufnehmen, die bis 2058 zurückgezahlt werden sollen.
Deutschland hatte sich jahrelang gegen eine gemeinsame Schuldenaufnahme und Zuschüsse an überschuldete Länder wie Italien und Spanien gestemmt. Angesichts der Corona-Pandemie hatten Merkel und Scholz jedoch in enger Abstimmung mit Frankreich einen Kursschwenk vollzogen.