Corona-Impfkampagne
Bundeswehr soll Impfstoff in Kasernen sicher zwischenlagern
Bei der Vorbereitung der Corona-Impfkampagne bittet das Gesundheitsministerium die Bundeswehr um Hilfe bei der sicheren Lagerung von Impfstoffen. Die Orte sollen aus Angst vor Protesten geheim bleiben.
Das Bundesgesundheitsministerium hat die Bundeswehr nach SPIEGEL-Informationen dringlich um logistische Hilfe bei der Vorbereitung der bundesweiten Impfungen gegen das Coronavirus gebeten. In einem Brief an seinen Kollegen Gerd Hoofe im Verteidigungsministerium (»aus Eilgründen direkt an Sie«) fordert Gesundheits-Staatssekretär Thomas Steffen Amtshilfe bei der sicheren Zwischenlagerung der Impfstoffe und Unterstützung bei der Verteilung an Impfzentren in verschiedenen Bundesländern an.
Die Bitten an die Bundeswehr werden damit erstmals konkret. Steffen schreibt, dass alle Impfstoffe bis auf das Mittel von Biontech und Pfizer keine extreme Kühlung benötigten. Statt bei minus 70 Grad könnten diese bei zwischen minus 2 und 8 Grad zwischengelagert werden. In den vergangenen Tagen hatte die Bundeswehr in diversen Runden zu dem Thema ihre Hilfe angeboten – zugleich aber gewarnt, man könne eine extreme Kühlung nicht bereitstellen. In dem Brief von Steffen heißt es jedoch nun, Biontech werde den Transport seines Impfstoffs in die Impfzentren durch eine eigene Logistikkette organisieren.
Zwischenlagerung in umzäunten und gut bewachten Kasernen
Das dürfte die Sorge abmildern, dass die Kühlkette eines der größten Probleme der landesweiten Impfung werden könnte. Zunächst hatte auch das Gesundheitsministerium befürchtet, dass man in der ersten Phase der Impfkampagne nur in extra eingerichteten Zentren impfen könnte. Werden dagegen nun schnell größere Mengen von Impfstoffen verfügbar, die sich in handelsüblichen Kühlcontainern oder in Haushaltskühlschränken zwischenlagern lassen, wären wohl sogar Impfungen bei Hausärzten möglich.
Von der Bundeswehr erhofft sich das Gesundheitsministerium vor allem eine sichere Zwischenlagerung der Impfstoffe in umzäunten und gut bewachten Kasernen. In Sicherheitskreisen hieß es, eine effektive Sicherung sei essenziell. Zum einen seien große Mengen an Impfdosen durchaus interessant für Kriminelle. Vor allem aber fürchten die Planer, dass fanatische Impfgegner die Zufahrten zu Lagerstätten blockieren – oder Lkw attackieren, die Impfdosen transportieren.
Die Bundeswehr hat intern in den vergangenen Tagen bereits eine Liste mit strategisch gut gelegenen Kasernen erstellt, die für die Zwischenlagerung in verschiedenen Bundesländern infrage kommen. Wegen der Sorge vor Stör- oder Sabotageaktionen aber sollen die Standorte so gut es geht geheim gehalten werden. Da die Kasernen grundsätzlich robust geschützt sind, wären wohl keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nötig, hieß es im Verteidigungsministerium.
Die Bundeswehr rechnet mit einem schnellen Start der Impfkampagne. Im vertraulichen Lagebericht zu allen Corona-Aktivitäten der Truppe heißt es, das flächendeckende Impfen werde wohl spätestens ab dem 20. Dezember beginnen. Folglich laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Da die Truppe bereits durch Amtshilfen in Hunderten Fällen für die völlig überlasteten Gesundheitsämter und in Testzentren bundesweit mit aktuell etwas mehr als 5800 Soldaten im Einsatz ist, erhöhte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die in Bereitschaft stehende Corona-Truppe kürzlich um weitere 5000 auf nun 20.000 Soldaten.
Neben der sicheren Lagerung bereitet die Truppe hinter den Kulissen bereits weitere Hilfsmaßnahmen vor. So rechnet man in der militärischen Führung damit, dass medizinisch geschultes Personal angefordert wird, wenn die Impfkampagne Fahrt aufnimmt. Schon jetzt, so der interne Lagebericht, bereitet die Sanität innerhalb der Bundeswehr eine Priorisierung des Personals für diese Aufgabe vor. Parallel werden die Ausbildung und Übungen zurückgestellt. Ebenso richten sich die Bundeswehrkrankenhäuser darauf ein, alle nicht dringlichen Operationen zu verschieben, um mehr Betten für Covid-Patienten zur Verfügung zu haben.
Zusätzlich will die Truppe in den kommenden Monaten anbieten, für ländliche Gebiete mobile Impfmobile bereitzustellen, aus denen heraus Sanitäter Impfungen vornehmen können. Die mobilen Impfeinheiten sollen nach dem Vorbild der Abstrichteams gebildet werden, von denen die Bundeswehr derzeit bundesweit etwa 70 im Einsatz hat. Diese fahren mit einem Transporter und etwa fünf Soldaten durch die Republik und bieten Covid-19-Tests an.