Ampelparteien zur Corona-Notlage »Der 25. November wird kein Freedom Day sein«

SPD, Grüne und FDP wollen die »epidemische Lage von nationaler Tragweite« auslaufen lassen. Es soll aber weiterhin Coronamaßnahmen geben – sie sollen über Änderungen im Infektionsschutzgesetz möglich sein.
Marco Buschmann (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Dirk Wiese (SPD) bei der Pressekonferenz am Mittwoch

Marco Buschmann (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Dirk Wiese (SPD) bei der Pressekonferenz am Mittwoch

Foto: Kay Nietfeld / dpa

Die Ampelparteien wollen die Pandemie-Notlage Ende November nicht weiter verlängern und durch eine bis zum 20. März 2022 befristete Übergangsregelung ersetzen. Das gaben Marco Buschmann (FDP), Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Dirk Wiese (SPD) in Berlin bekannt.

Die Übergangsregelung soll es den Ländern ermöglichen, weiterhin bestimmte Corona-Schutzmaßnahmen wie etwa Maskenpflicht und 2G- oder 3G-Regeln durchsetzen zu können. Auch Maßnahmen wie der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung sowie die Corona-Arbeitsschutzverordnung sollen verlängert werden – ebenso die pandemiebedingten Sonderregelungen zum Kindergeld.

Die Infektionszahlen stiegen wieder, sagte Wiese. Aber die Voraussetzungen für die epidemische Lage bestehe aus Sicht der Ampelparteien nicht mehr. Lockdowns werde es nicht mehr geben. Diese seien »unverhältnismäßig«. Der 25. November werde aber »kein Freedom Day sein«.

Die Situation stelle sich anders dar als noch im August, sagte Wiese. Das liege vor allem an einer steigenden Zahl an Geimpften. Die Voraussetzungen für eine erneute Verlängerung der Notlage seien nicht mehr gegeben – deshalb sei dies keine Option gewesen.

Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes soll »Rechtsgeschichte« werden

Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, sagte, das Thema epidemische Notlage sei vielleicht das umstrittenste der vergangenen Jahre gewesen, weil die Exekutive dominiert habe. »Diese absolute Dominanz der Exekutive ist beendet«, sagte Buschmann. Die Initiative liege nun jetzt wieder im Parlament.

Am 25. November werde der Maßnahmenkatalog aus Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes »Rechtsgeschichte sein«. Der Paragraf war Basis für weitreichende Coronamaßnahmen wie Lockdowns und Ausgangssperren. Mit dem heutigen Wissensstand sollten am 20. März 2022 alle Coronamaßnahmen enden, sagte Buschmann – vorausgesetzt, es gebe keine Änderungen am Virus, etwa neue Mutationen.

Neunpunkteplan vereinbart

Göring-Eckardt sagte auf Nachfrage, dass sich der Bundestag am 11. November mit den vorgeschlagenen Änderungen beschäftigen könnte.

Konkret haben sich SPD, Grüne und FDP auf ein Papier mit neun Punkten geeinigt. Vorgesehen sind unter demnach unter anderem:

  • Es soll eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, damit Bundesländer bis 20. März weiterhin Coronamaßnahmen erlassen können. Darunter fallen Maskenpflicht, 3G-Regel in sensiblen Bereichen, Hygienekonzepten, Abstandsgebote im öffentlichen Raum, Kontaktdatenerhebung und Auflagen für Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen.

  • Eine Expertengruppe soll über Wege beraten, den Impffortschritt zu beschleunigen.

  • Das Divi-Register, das Behandlungskapazitäten auf Intensivstationen registriert, soll dauerhaft etabliert und erweitert werden.

  • Bis 20. März soll der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung und Maßnahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung bestehen bleiben.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte schon vor einigen Tagen mitgeteilt, dass die möglichen künftigen Partner einer Ampelkoalition über neue Regelungen im Infektionsschutzgesetz im Gespräch seien. Diese sollten die Länder in die Lage versetzen, weiter auf Corona-Herausforderungen reagieren zu können.

Die »epidemische Lage« war erstmals im März 2020 vom Bundestag festgestellt worden. Seither hat das Parlament sie immer wieder verlängert. Die Feststellung der Notlage ermöglicht es der Bundesregierung und den Landesregierungen, auf vereinfachtem Weg ohne Zustimmung von Parlamenten zentrale Coronamaßnahmen anzuordnen.

Wird sie nicht erneut verlängert, bleibt den Bundesländern laut Infektionsschutzgesetz aber auch noch die Möglichkeit, über ihre Landesparlamente die Notwendigkeit weiterer Coronamaßnahmen festzustellen, sodass ein Auslaufen nicht automatisch mit einem Ende von Maßnahmen verbunden wäre. In den Ländern wird aber vor einem »Flickenteppich« und damit verbundener mangelnder Akzeptanz gewarnt. Die Coronazahlen in Deutschland stiegen zuletzt immer weiter an.

Nach einem Vorstoß des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn für ein Auslaufen der »epidemischen Lage« wurde tagelang darüber kontrovers diskutiert – insbesondere wegen der steigenden Infektionszahlen. Der CDU-Politiker befürwortet ein Auslaufen der »epidemischen Lage«, pocht aber auf weiterhin nötige Schutzregeln.

svs/dpa
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