SPIEGEL-Regierungsmonitor Auslaufmodell GroKo plötzlich beliebt

Seit Ausbruch der Coronakrise ist die schwarz-rote Regierung deutlich populärer geworden, als sie es vorher war. Insbesondere die Kanzlerin und ihr Vize ziehen in den Umfragen davon.
Kanzlerin Merkel, Vize Scholz

Kanzlerin Merkel, Vize Scholz

Foto: Hannibal Hanschke/ dpa

Die dritte Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel war in der Bevölkerung chronisch unbeliebt - bis die Coronakrise kam. Im Zuge der Pandemie haben viele Deutsche ihre Meinung über die Bundesregierung und einzelne Kabinettsmitglieder geändert, wie der SPIEGEL-Regierungsmonitor zeigt.

Es profitieren jene, die im bisherigen Verlauf der Krise besonders sichtbar und einflussreich waren: Neben der Kanzlerin sind das Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, Gesundheitsminister Jens Spahn, aber auch Arbeitsminister Hubertus Heil sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier.

Der SPIEGEL-Regierungsmonitor misst in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey laufend die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung, den Koalitionsparteien und vor allem mit den einzelnen Ministerinnen und Ministern sowie der Kanzlerin.

Um die repräsentativen Bewertungen vergleichen zu können, arbeitet Civey mit einem sogenannten Scoringverfahren (lesen Sie hier  mehr dazu). Der bestmögliche Index beträgt 200, das schwächste Ergebnis wäre -200.

Besonders markant: Bei der letzten Auswertung der Daten Ende 2019 erreichte kein einziges Regierungsmitglied einen positiven Wert. Das hat sich nun geändert: Angela Merkel führt die Beliebtheitsskala mit 30 Punkten an, nach -45 Zählern im Dezember.

Als Regierungschefin war sie gerade zu Beginn der Epidemie äußerst präsent, in den Telefonschalten mit den Ministerpräsidenten der Länder gab sie die Leitplanken der Corona-Politik vor. Zuletzt stellte sie sich gegen die Abschaffung der Maskenpflicht in Geschäften und im Öffentlichen Personennahverkehr.

Merkels Stellvertreter Olaf Scholz hat sich auf Platz zwei vorgearbeitet. Der Vizekanzler, der als möglicher Kanzlerkandidat der SPD gehandelt wird, erreicht inzwischen 15 Punkte.

Ende 2019 lag er noch im grauen Mittelfeld der Kabinettsskala. Als Finanzminister hat Scholz die Krise genutzt, um sich als Rettungsanker zu inszenieren, der mit großzügigen Konjunkturprogrammen das Schlimmste verhindert. Für Ärger sorgte jüngst hingegen der Skandal um den Finanzdienstleister Wirecard, durch den die Finanzaufsicht des Bundes in die Kritik geriet. Scholz hat eine Reform versprochen.

Auch der dritte Platz geht an einen SPD-Politiker: Arbeitsminister Hubertus Heil liegt bei exakt 0 Punkten, knapp ein Drittel der Befragten ist mit seiner Arbeit "eher zufrieden".

Mit Heil dürften viele Menschen die Verabschiedung der Grundrente nach langem Ringen mit der Union verbinden, aber auch seine Reaktion auf den Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies, als der Minister die dortigen Arbeitsbedingungen scharf kritisierte.

Spahn verliert ersten Platz - und ist trotzdem beliebter

Auf das Spitzentrio folgt in der Beliebtheitsskala Gesundheitsminister Jens Spahn. Der CDU-Politiker hat im Vergleich zum Dezember zwar den ersten Platz verloren, konnte seine Popularität in absoluten Werten aber ebenfalls verbessern: Von -39 Punkten kletterte er auf -12.

Spahn dürfte vor allem von seiner Rolle als Gesundheitsminister profitieren, die niedrigen Infektionszahlen sprechen für ihn. Der Popularitätsgewinn könnte dem CDU-Politiker auch im Rennen um die Parteiführung helfen, das er als Tandempartner von NRW-Regierungschef Armin Laschet bestreitet.

Anders als Spahn konnte sich Familienministerin Franziska Giffey nicht steigern. Im Dezember lagen die beiden jüngsten Kabinettsmitglieder noch gleichauf, Giffey erreicht jedoch auch diesmal nur -38 Punkte.

Eine bemerkenswerte Verbesserung gelang dafür Wirtschaftsminister Altmaier, der im SPIEGEL-Regierungsmonitor für 2019 noch Absteiger des Jahres gewesen war. Von -99 Punkten im Dezember hat er sich auf nun -46 Zähler vorgeschoben. Er steht wie Scholz für die umfangreichen Konjunkturmaßnahmen der Großen Koalition - aber auch für den in der vergangenen Woche vom Bundestag beschlossenen Kohleausstiegsplan.

Vergleichsweise beliebt sind auch Entwicklungsminister Gerd Müller (-30) und Außenminister Heiko Maas (-32).

Mittelmäßig schlechte Werte erreichen Innenminister Horst Seehofer (-49), Justizministerin Christine Lambrecht (-60) und Umweltministerin Svenja Schulze (-79).

Auffallend negativ ist weiterhin die Meinung der Befragten über Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (-92), die vor allem mit der Bekämpfung von Rechtsextremismus in der Bundeswehr beschäftigt ist, und Bildungsministerin Anja Karliczek (-100), der es in der Coronakrise nicht gelang, sich durch ihre Schul- und Universitätspolitik zu profilieren.

Noch düsterer sieht es für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) aus. Den schlechtesten Wert erreicht aber auch diesmal Verkehrsminister Andreas Scheuer mit -144 Punkten. Ganze 69 Prozent der Befragten sind mit dem CSU-Politiker, der noch immer mit dem Maut-Debakel kämpft, sogar "sehr unzufrieden".

Diese negativen Ausreißer trüben den plötzlichen Aufwärtstrend der Großen Koalition etwas. 55 Prozent der Deutschen sind laut Regierungsmonitor mit der Bundesregierung zufrieden.

Im Vergleich zum Dezember ist der Score um ganze 87 Punkte gestiegen, von -69 auf 18. Zwischen den Koalitionspartnern ist der Beliebtheitsbonus allerdings äußerst ungleich verteilt: Während die Union seit Ende 2019 von -71 Punkten auf einen leicht positiven Wert von vier Zählern kletterte, konnte die SPD sich nur von -71 auf -40 Punkte steigern.

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