Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
«Wenn uns die Wissenschaft geradezu anfleht vor Weihnachten, bevor man Oma und Opa und Großeltern und ältere Menschen sieht, eine Woche der Kontakt Reduzierung zu ermöglichen. Dann sollten wir vielleicht doch noch einmal nachdenken, ob wir nicht irgendeinen Weg finden, die Ferien nicht erst am 19. beginnen zu lassen, sondern vielleicht schon am 16.. Was wird man denn im Rückblick auf eine Jahrhundertereignis einmal sagen, wenn wir nicht in der Lage waren, für diese drei Tage doch irgendeine Lösung zu finden?»
Es wirkte in diesem Moment, als würde nicht nur die Wissenschaft flehen, sondern auch die Bundeskanzlerin: darum, endlich gehört zu werden.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
«Und das mag ja sein, dass die Aufhebung der Schulpflicht das Falsche ist, dann muss es der digitale Unterricht oder sonst was sein. Ich weiß es nicht. Das ist nicht meine Kompetenz, da will ich mich nicht einmischen. Ich will nur sagen, wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und anschließend das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben. Das sollten wir nicht tun.»
Es war ein ungewöhnlich emotionaler Auftritt von Angela Merkel, ein dringender Appell, wieder mehr zu tun im Kampf gegen die Pandemie. Sie bezog sich dabei auf Vorschläge der Leopoldina. Die Nationalakademie, die die Bundesregierung berät, hatte zuvor für einen "harten Lockdown" plädiert: Geschäfte sollen schließen, Schulferien verlängert und Kontakte drastisch reduziert werden. Merkel steht für eine strengere Linie als manche Bundesländer – das machte sie mit eindringlichen Worten auch jetzt nochmal deutlich.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
«Wir haben Regelungen getroffen, dass Weihnachten Familienfeste möglich sein sollen, aber ich appelliere an jeden wirklich hier vorsichtig zu sein und ich sage es nochmal. Ich habe es schon öffentlich gesagt, sage es auch hier noch einmal: Ich halte die Öffnung von Hotels für die Übernachtung von Verwandten für falsch, weil sie wieder Anreize schafft, die vielleicht nicht notwendig sind. Aber das ist jetzt mal etwas, was wir nicht mehr überwinden werden. Ich halte es auch für richtig, die Schulen in dieser Zeit entweder durch Verlängerung der Ferien zu schließen bis zum 10. Januar oder aber digital Unterricht zu machen oder was auch immer. Das ist egal. Wir brauchen aber Kontaktreduzierung.»
Und auch für all jene, die den Vorschlägen der Wissenschaft nicht folgen wollen, hatte Merkel eine klare Ansage.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
«Ich glaube, dass wir gut daran tun, das, was uns die Wissenschaft sagt, nämlich gestern die Leopoldina, auch wirklich ernst zu nehmen. Wir freuen uns. Wir freuen uns, wenn die Wissenschaft einen Impfstoff entwickelt. Wir freuen uns, wenn wir einen Menschen haben, der bei uns einen PCR-Test entwickelt hat. Und wenn die Wissenschaftler uns dann etwas sagen, dann fangen wir an zu sagen: Ja, könnte sein und kann auch nicht sein. Ich kann nur sagen: Nehmen wir das ernst.»
Hintergrund des Appells der Kanzlerin und der Warnungen aus der Wissenschaft sind die alarmierenden Corona-Zahlen. Am Dienstag wurden 590 Todesfälle gemeldet – Höchstwert. Mehr als 4200 Corona-Patienten liegen in Deutschland auf Intensivstationen – ebenfalls Höchstwert. Und die weiter sehr hohe Zahl der täglichen Neuinfektionen – gestern mehr als 20.000 – zeigt, dass sich die Lage weiter verschlimmern wird. So erinnerte Merkel nochmal daran, besonders vorsichtig zu sein, gerade zwei Wochen vor Weihnachten.
Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
«Und wir haben doch gelernt, wir können etwas dagegen tun. Das ist ein bisschen unmenschlich. Dass ich immer auf Distanz gehen muss, dass ich keine treffen soll und wenn, dann nur mit Schutzvorrichtungen. Das ist richtig. Und diesen Mund-Nasenschutz. Aber das ist ja auch nicht etwas, was unser Leben total zerstört. Und deshalb sollten wir schauen, dass wir nicht zu viele Menschenleben zerstören und gleichzeitig das wissen wir damit auch die Wirtschaft am Laufen halten. Und in diesem Sinne bitte ich Sie auch die nächsten nicht einfachen Tage mit uns gemeinsam durchzustehen. Herzlichen Dank.»