Entgegen bundesweiter Linie Schleswig-Holstein öffnet Zoos und Blumenläden vorzeitig

In Schleswig-Holstein sollen Tierparks und einige Geschäfte früher öffnen dürfen als mit dem Bund vereinbart. Bayerns Regierungschef Söder drängt indes auf Kontrollen an der Grenze zu Tschechien.
Blumen in einem Gewächshaus in Brandenburg (Symbolbild)

Blumen in einem Gewächshaus in Brandenburg (Symbolbild)

Foto: Patrick Pleul / dpa

Einen Tag nach der Einigung von Bund und Ländern, den geltenden Shutdown grundsätzlich bis zum 7. März zu verlängern, schert das erste Bundesland aus. Wie Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Landtag ankündigte, sollen Zoos, Wildparks, Gartenbaucenter und Blumenläden in Schleswig-Holstein bereits zum 1. März öffnen können.

Zudem sollen bestimmte Sportmöglichkeiten wieder erlaubt sein – auch in Innenräumen. Neben Friseursalons sollen Nagelstudios wieder öffnen dürfen.

Am Mittwoch hatte Günther noch zusammen mit den anderen Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Verlängerung des Shutdowns mit geschlossenen Geschäften, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen bis mindestens 7. März beschlossen. Lediglich Friseure sollten bereits ab 1. März wieder öffnen dürfen. Weitere Öffnungsschritte sollten der Einigung zufolge erst folgen, wenn eine »stabile« Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen erreicht ist.

Was Sie nach dem Bund-Länder-Treffen wissen müssen

Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie größtenteils bis zum 7. März verlängert. Was gilt jetzt wo? Und ab wann ist mit Öffnungen zu rechnen? Lesen Sie den Überblick über die neuesten Beschlüsse.

Schleswig-Holstein lag mit Stand Mittwochabend bei 60,2 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Das war im Länderranking der sechste Platz.

In Niedersachsen dürfen Blumenläden und Gartencenter sogar schon von Samstag an wieder öffnen. Das bestätigte die Staatskanzlei am Donnerstag vor der Veröffentlichung der neuen Corona-Verordnung. Für die Floristen kommt die Lockerung damit gerade noch rechtzeitig vor dem für die Branche wichtigen Valentinstag am 14. Februar. Offiziell vorgestellt werden sollen die neuen Corona-Regeln des Landes am Freitag. Einen Tag später treten sie in Kraft.

Ein Entwurf der überarbeiteten Verordnung sah neben der Öffnung der Blumenläden auch eine Lockerung der Kontaktregeln für Kinder vor. Künftig sollen demnach zum Haushalt gehörende Kinder bis sechs Jahre nicht mehr von der Kontaktbeschränkung erfasst werden. Bisher gilt diese Ausnahme nur für Kinder bis drei Jahre. Außerdem sollten auch Autohändler wieder öffnen dürfen, allerdings nur für Probefahrten.

Bereits vor dem Ausscheren Schleswig-Holsteins und Niedersachsens hatten einige Länder Alleingänge bei der Rückkehr zum Präsenzbetrieb in Schulen und Kitas vollzogen. Diese waren allerdings mit den Beschlüssen konform, die den Landesregierungen die Entscheidung in diesem Bereich überlassen. Sachsen hatte sich indes noch vor der Bund-Länder-Schalte entschieden, Schulen ab Montag schrittweise zu öffnen. In Hessen soll es am 22. Februar losgehen.

Auch Schleswig-Holstein will am 22. Februar wieder mit Präsenzbetrieb in Schulen und Kitas starten. Dies soll einhergehen mit einer erweiterten Teststrategie des Landes. Lehrkräfte und andere an Schulen und in Kitas Beschäftigte sollen sich regelmäßig testen lassen können.

In Bayern können Grundschulklassen ab dem 22. Februar an die Schulen zurückkehren – aber nur im Wechselunterricht und nur in Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von weniger als 100. Auch Kitas sollen an diesem Termin wieder im eingeschränkten Regelbetrieb öffnen. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Videoschalte des Kabinetts in München an.

Die Ausgangssperre in Bayern bleibt in Regionen mit hoher Corona-Inzidenz in Kraft. Söder sagte, in Gebieten mit mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern gelte sie auch künftig für die Zeit von 22 bis 5 Uhr. Unterhalb dieser Schwelle entfalle diese Einschränkung dagegen ab kommender Woche. »Die Ausgangssperre hat sich als extrem wirksam erwiesen«, sagte der CSU-Chef. Es wäre deswegen unverantwortlich, sie in den besonders von Corona betroffenen Regionen einfach abzuschaffen.

Söder: Britische Mutante in einigen Regionen bereits dominant

Die stärker ansteckende Coronavirus-Variante aus Großbritannien hat Söder zufolge in einigen Teilen Bayerns bereits die Oberhand gewonnen. In den nordostbayerischen Regionen Hof, Wunsiedel und Tirschenreuth an der Grenze zu Tschechien betrage der Anteil der Mutante an den positiven Fällen bereits 40 bis 70 Prozent, sagte Söder.

Es sei deswegen umso wichtiger, die Zahl der Neuinfektionen besonders deutlich nach unten zu drücken. »Wir müssen den Mutationspuffer einbauen«, sagte Söder. Ansonsten drohten schwere gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden.

Bayerns Ministerpräsident sprach sich daher auch für Kontrollen an der Grenze zu Tschechien aus. Bayern und Sachsen hätten den Bund gebeten, einige tschechische Regionen und auch das österreichische Bundesland Tirol zu Mutationsgebieten zu erklären, was auch passieren werde, sagte Söder. Sobald das geschehen sei, sei eine Einreise nur noch mit einem negativen Test möglich. »Und wenn das passiert, stellen wir den Antrag an den Bund, stationäre Grenzkontrollen zu etablieren.«

Sachsen will Hotspots abschotten

Sachsen will angesichts der Corona-Inzidenzen in Tschechien den Pendlerverkehr deutlich einschränken. Das Abschotten bestimmter Hotspots sei dringend erforderlich, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in Dresden. Die Lage im Nachbarland spitze sich zu, in zwei Regionen gebe es eine Inzidenz von mehr als 1000. Die britische Mutation des Virus sei dort auf dem Vormarsch. Kretschmer bedauerte die Entwicklung. Er habe Ministerpräsident Andrej Babiš erneut Hilfe angeboten. Die Entscheidung dafür müsse aber vor Ort getroffen werden.

Ausnahmen vom Pendlerstopp soll es im Bereich der Krankenhäuser und Pflegeheime sowie in der Landwirtschaft geben – und da vor allem bei der Versorgung von Tieren. »Darüber hinaus werden wir keine Ausnahmen machen können«, sagte Kretschmer. Tägliche Tests sollen zur Pflicht werden. Zudem ist eine Art Pendlerquarantäne angedacht, Betroffene sollen sich dann nach Rückkehr von der Arbeit zu Hause aufhalten. Die Möglichkeiten, das zu kontrollieren, seien aber begrenzt, hieß es.

Ärger über fehlenden bundesweiten Lockerungsplan

Schleswig-Holsteins Regierungschef Günther bedauerte fehlende Einigkeit bei der Frage nach einem bundesweit einheitlichen Perspektivplan. Er hätte sich gewünscht, »dass wir zu noch verbindlicheren Regeln gekommen wären«, sagte Günther im Landtag. Alle, die Hoffnungen auf noch konkretere Öffnungsperspektiven gesetzt hätten, würden »ein bisschen enttäuscht« auf das Treffen blicken.

Auch in anderen Bundesländern gibt es Ärger über das Fehlen eines Stufenplans für künftige Lockerungen. »Der Frust war groß, dass wir es gemeinsam nicht geschafft haben, einen Perspektivplan zu machen«, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die Meinungen der Bundesländer bei der Öffnungsstrategie gingen demnach »ganz weit auseinander«.

fek/mes/dpa/Reuters
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