Proteste gegen Coronamaßnahmen Tausende demonstrieren – Ausschreitungen in mehreren Städten

Unangemeldete Demonstrationen, verletzte Polizisten: Die Proteste gegen die Coronapolitik gehen weiter. Die Innenminister von Thüringen und Sachsen fordern ein hartes Vorgehen gegen den Onlinedienst Telegram.
Knapp 3000 Menschen demonstrierten am Montagabend in Rostock gegen Coronamaßnahmen

Knapp 3000 Menschen demonstrierten am Montagabend in Rostock gegen Coronamaßnahmen

Foto: Bernd Wüstneck / dpa

Am Montagabend haben erneut Tausende Menschen in zahlreichen Städten gegen Coronamaßnahmen protestiert. Allein in Mecklenburg-Vorpommern beteiligten sich rund 7000 Menschen in mindestens zwölf Städten an teils nicht angemeldeten Veranstaltungen, davon etwa 2900 in Rostock. Der Protest richtete sich vor allem gegen eine mögliche Impfpflicht, vielerorts wurde aber auch eine Spaltung der Gesellschaft durch die Einschränkungen beklagt.

In Thüringen protestierten laut Polizei landesweit rund 6000 Menschen bei 26 Versammlungen gegen die Coronamaßnahmen. Größtenteils seien es illegale Zusammenkünfte gewesen, sagte ein Sprecher. Dabei seien sieben Beamte verletzt worden, einer davon war demnach nicht mehr dienstfähig.

Auch in Mannheim zogen trotz eines Verbots nach Schätzungen der Polizei bis zu 2000 Menschen großteils ohne Masken und ohne Abstand durch die Stadt. Rund 800 von ihnen schafften es demnach, ins Zentrum vorzudringen. Erst als die Polizei sehr starke Kräfte zusammengezogen habe, habe sich die Lage allmählich beruhigt. Sechs Polizisten seien im Verlauf des Abends verletzt worden.

In der Hauptstadt gab es ebenfalls Proteste. Wie der »Tagesspiegel« berichtet, kam es bei einer »nicht genehmigten Versammlung« in Berlin zu Verstößen gegen das Masken- und Abstandsgebot. Es wurden Platzverweise erteilt. Später am Abend kehrten die Protestler demnach zurück, woraufhin die Polizei den Platz räumte.

In Magdeburg versammelten sich etwa 3500 Menschen, im nordrhein-westfälischen Gummersbach rund 500. In Sachsen ging die Polizei am Abend in mehreren Orten gegen Proteste vor: In Freiberg kesselte die Polizei rund hundert Menschen in der Nähe eines Supermarktparkplatzes ein, bevor sie die Protestierenden doch weitergehen ließ – denn aufgrund der Nähe zu den Geschäften sei nicht festzustellen gewesen, wer Teilnehmer oder Kunde der Märkte war, sagte ein Sprecher der Polizei. In Dresden zählte die Polizei in der Innenstadt rund hundert Protestierende.

Immer häufiger kommt es bei Protesten gegen Coronamaßnahmen zu Gewalt. Auch am vergangenen Wochenende kam es bei diversen, teils unangemeldeten Demonstrationen zu Ausschreitungen mit mehreren verletzten Polizeibeamten. Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appellierte zuletzt an die Teilnehmenden solcher Demos, sich stärker von Rechtsextremisten und sogenannten Reichsbürgern abzugrenzen. »Rechtsextremisten und Reichsbürger versuchen, die Bewegung zu durchsetzen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen«, sagte Faeser den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

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»Leider grenzen sich die bürgerlichen Demonstrationsteilnehmer noch immer zu wenig von diesen Leuten ab«, sagte Faeser weiter. Es sei wichtig, die Anstrengungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt deutlich zu verstärken, damit die Spaltungsversuche der antidemokratischen Kräfte überwunden werden könnten.

»Bei Telegram muss der Staat schnell reagieren«

Zugleich warnte sie vor einer weiteren Radikalisierung der sogenannten Querdenker-Bewegung, die Gewaltbereitschaft nehme zu. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe die Beobachtung aller extremistischen Teile der Bewegung jetzt noch einmal deutlich intensiviert. »Wir haben diese Leute genau im Blick.«

Es mehren sich auch die Rufe nach einem harten Vorgehen gegen den Onlinedienst Telegram. »Bei Telegram muss der Staat schnell reagieren«, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) der »Süddeutschen Zeitung«. Der Dienst müsse Hass und Hetze aus dem Netz nehmen. »Tut er das nicht, müssen Sanktionen wie Bußgelder folgen.«

Maiers sächsischer Amtskollege Roland Wöller (CDU) warnte im Interview mit dem Sender Phoenix vor der »unglaublichen Mobilisierungswucht« des Messengerdienstes. Kleinen Gruppen von Rechtsextremisten gelinge es so, in die bürgerliche Gesellschaft vorzudringen. Wöller forderte die Haftung der Anbieter für darauf zurückzuführende Straftaten sowie die Pflicht zur Herausgabe der Klarnamen für Strafermittlungen der Polizei.

Nach Einschätzung von Experten mischen bei den Protesten rechtsextreme Gruppen mit, die seit Jahren auch gegen Migration und staatliche Strukturen mobilisieren. Bei solchen Protesten waren in den vergangenen Wochen wiederholt auch Journalisten beschimpft und attackiert worden.

svs/dpa

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