Ärztepräsident Montgomery "Dann droht uns ein zweiter Lockdown"

Im Frühjahr stand Deutschland schon einmal praktisch still. Laut Ärztepräsident Montgomery könnte es bald wieder so weit sein. Ab 20.000 Neuinfektionen gerate die Lage außer Kontrolle.
Krankenschwester auf Intensivstation: "Es muss uns gelingen, diese Welle zu brechen."

Krankenschwester auf Intensivstation: "Es muss uns gelingen, diese Welle zu brechen."

Foto: Jens Büttner/ dpa

Die Zahl der Corona-Infizierten steigt in Deutschland rasant. Nun hat der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, eine deutliche Warnung ausgesprochen. "Bei 20.000 Neuinfektionen am Tag gerät die Lage außer Kontrolle", sagte Montgomery der "Rheinischen Post" . "Dann wäre es für Gesundheitsämter nicht mehr möglich, die Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Dann droht uns ein zweiter Lockdown, weil sich das Virus anders nicht mehr bremsen lässt."

Bereits im Frühjahr, während der ersten Infektionswelle in Deutschland, hatte die Politik drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens verhängt. Nach einer Beruhigung der Lage im Sommer verschärft sich die Situation nun wieder deutlich. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages überschritt zuletzt erstmals den Wert von 10.000 Fällen. Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Donnerstagmorgen 11.287 Fälle binnen 24 Stunden. Am Freitag lag die Zahl bei 11.242 Fällen.

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Montgomery begrüßte die verhängten Einschränkungen im besonders betroffenen Landkreis Berchtesgadener Land, wo seit Dienstag strikte Ausgangsbeschränkungen gelten. "Bei lokalen Ausbrüchen müssen wir konsequent reagieren", sagte der frühere Präsident der Bundesärztekammer. "Darum ist es genau richtig, dass der Landkreis Berchtesgaden einen lokalen Lockdown verhängt hat. So sollten bundesweit alle Orte mit solchen Inzidenzwerten reagieren."

"Spannende Zeit"

Mehrere Landesregierungen riefen indes die Bürger eindringlich auf, die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. "Ich glaube, das wird jetzt eine spannende Zeit für uns alle werden. Es wird schon eine wichtige Weichenstellung sein", sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder am Donnerstag in der Sendung "ZDF spezial". "Es muss uns gelingen, diese Welle zu brechen."

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mahnte, alle müssten jetzt den Ernst der Lage verstehen. "Wir brauchen jetzt Disziplin, und dazu gehört allerdings auch Kontrolle und Sanktionen", sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner".

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller machte im ZDF-"Heute Journal" klar, es gebe "nicht mehr viele Entscheidungsmöglichkeiten". Zugleich warnte er vor den sozialen Folgen eines weiteren Lockdowns, also der weitreichenden Einschränkung des öffentlichen Lebens wie im Frühjahr. "Und insofern will ich einfach auch die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir mit unseren Maßnahmen und eben auch der Disziplin und Eigenverantwortung diesen Lockdown verhindern können", sagte der SPD-Politiker. Er müsse aber zugeben: "Man kann es auch nicht mehr ausschließen."

Söder sagte zum jüngsten Anstieg der Infektionszahlen: "Es ist genau das eingetreten, wie schon vor Wochen prognostiziert, dass mit Leichtsinn und mit mangelnder Vorsicht leider eine entsprechend höhere Zahl an Infektionen stehen kann." Darum müssten die jetzt eingeleiteten Maßnahmen überall konsequent umgesetzt werden. Der CSU-Chef forderte, es brauche jetzt auch Geduld - "die gleiche Mentalität, die wir im Frühjahr hatten: das Mitmachen, Vorsicht, Disziplin und Rücksichtnahme". Damals habe Deutschland der ersten Welle "sehr erfolgreich getrotzt".

Mit Geduld und Rücksichtnahme sei es durchaus machbar, die Situation zu meistern "und dass wir eben kein Schließen von Grenzen haben, kein Schließen von Schulen und Kitas haben", fuhr Söder fort. "Aber es hängt sehr viel von jedem Einzelnen ab."

kev/dpa
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