Deutscher Sonderweg beim Genesenenstatus Lauterbach will Drei-Monats-Regel nicht verlängern – massive Kritik

Die EU hat sich darauf geeinigt, dass der Genesenenstatus von Corona-Erkrankten auf sechs Monate verlängert wird. Doch Gesundheitsminister Lauterbach will es bei drei Monaten belassen – und wird heftig kritisiert.
Gesundheitsminister Lauterbach

Gesundheitsminister Lauterbach

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Trotz der Entscheidung der EU, den Genesenenstatus bei Corona-Erkrankungen zu verlängern, will Deutschland nicht mitziehen. Das Gesundheitsministerium von Karl Lauterbach (SPD) sieht keinen Bedarf, die Frist auch von drei auf sechs Monate zu erweitern.

Auf Anfrage vom »Business Insider« stellt das Ministerium aber klar, dass es keine erneute Änderung geben werde. EU-Bürger werden also drei Monate nach ihrer Infektion wie Ungeimpfte behandelt, sofern keine zusätzliche Impfung stattgefunden hat. In anderen europäischen Ländern werden sie dagegen bis zu sechs Monate mit Geimpften gleichgestellt.

Ein Sprecher des Ministeriums begründet die Haltung damit, dass die EU sich in ihrer Empfehlung am Dienstag nicht auf eine sechsmonatige Gültigkeit des Genesenenstatus geeinigt hatte, sondern auf sechs Monate als Obergrenze. In der Verordnung heißt es, »dass Genesenenzertifikate frühestens elf Tage nach positivem PCR-Test und höchstens 180 Tage gelten«. Die deutsche Regelung bewege sich in diesem Rahmen, sagte der Sprecher weiter.

Zur Kritik an der Verkürzung des Genesenenstatus sagte er: »Natürlich, wir sind nicht ganz glücklich damit, wie das gelaufen ist.« Er verwies zugleich auf ein neues Verfahren, das zuvor von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden war. Dieses müsse sich noch einspielen. Genesenennachweise müssen demnach Kriterien entsprechen, die das Robert Koch-Institut (RKI) auf einer Internetseite bekannt macht – sie gelten dann unmittelbar. Kritisiert wird unter anderem, dass die erfolgte Änderung durch das RKI vorher nicht angekündigt wurde.

Deutsche Politiker kritisieren die Entscheidung. »Während Lauterbach den Genesenenstatus in Deutschland fragwürdig auf drei Monate verkürzt, stimmt die Ampel auf EU-Ebene einem Genesenenstatus von sechs Monaten zu. Das ist vollkommen planlos«, sagte Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, der »Welt«.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte, der Genesenenstatus müsse wieder sechs Monate gelten. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte: »Minister Lauterbach wird der Öffentlichkeit erklären müssen, warum Deutschland einen Sonderweg geht. Als Land in Europas Mitte einen Alleingang zu vollziehen, wäre fragwürdig.« Die Regierung werde neu bewerten müssen, ob »die Verkürzung über Nacht« die richtige Entscheidung gewesen sei.

Im Bundestag soll der Genesenenstatus vorerst weiter sechs Monate gelten. Allerdings will sich der Ältestenrat nach Kritik an einer Ungleichbehandlung der Abgeordneten mit dem Thema befassen.

als/dpa
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