CSU-Affäre Pauli "Methoden wie in früheren Ostblockstaaten"

In der Spitzel-Affäre um die Fürther CSU-Landrätin Pauli erhebt Bayerns SPD-Fraktionschef Franz Maget schwere Vorwürfe gegen Ministerpräsident Stoiber. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE spricht er über die moralische Verkommenheit im Freistaat und warum er einen Untersuchungsausschuss ablehnt.

Maget: Diese Erklärung ist in jeder Beziehung unbefriedigend. Es kann nicht sein, dass Ministerpräsident Edmund Stoiber und Staatskanzleichef Eberhard Sinner solche Machenschaften für in Ordnung erklären. Das sind Methoden, wie sie in früheren Ostblockstaaten üblich waren.

SPIEGEL ONLINE: Wann kümmert sich der Landtagsuntersuchungsausschuss um die Wertung solcher Methode?

Maget: Ein Untersuchungsausschuss bringt hier gar nichts. Es gibt ja nichts aufzuklären - außer Telefonaten durch die Staatskanzlei. Das Verhalten der CSU-Regierung wirft ausreichend Licht auf die Situation in Bayern, das spricht doch Bände. Das zeigt den Machtverfall der Union in Bayern, es zeigt die Charakterlosigkeit, mit der man vorgeht, um unliebsame Kritiker mundtot zu machen.

SPIEGEL ONLINE: Selbst aus der CSU hört man Stimmen, die auf Franz Maget setzen: Hoffentlich lasse sich die Opposition diese Chance für einen U-Ausschuss nicht entgehen, heißt es da.

Maget: Jeder Untersuchungsausschuss, den wir bisher eingesetzt haben, war erfolgreich und hat etwas gebracht. Aber wir verwenden dieses Mittel nicht inflationär, sondern nur dann, wenn ein solcher Ausschuss auch wirklich noch Weiteres erbringen kann. Im Fall Pauli wissen wir aber bereits, dass führende Mitarbeiter der Staatskanzlei in einer unerträglichen Weise tätig geworden sind, die mit ihren dienstlichen Obliegenheiten nichts zu tun hat.

SPIEGEL ONLINE: Was wird die SPD-Opposition also unternehmen?

Maget: Wir werden im Landtag natürlich die zuständigen Politiker hören: Insbesondere Staatskanzleichef Sinner muss Auskunft geben. Uns interessiert die politische Spitze und nicht die Beamtenschaft. Die letzte Antwort auf die Affäre Pauli aber können nur die Wähler geben. Sie müssen sich darüber ein Urteil bilden, was in Bayern mittlerweile alles passiert. Das ist dann die einzig richtige Antwort: keine parlamentarische, sondern eine politische.

SPIEGEL ONLINE: Stoibers Spitzenbeamter unter Spitzel-Verdacht, Michael Höhenberger, interessiert Sie nicht? Sie glauben, die politische Spitze steckt hinter der Affäre?

Maget: In der Staatskanzlei gibt es eine erhebliche Beunruhigung darüber, wie mutig Frau Pauli das zum Ausdruck bringt, was viele in der CSU ja nur hinter vorgehaltener Hand sagen: dass der Ansehensverlust des bayerischen Ministerpräsidenten so dramatisch ist, dass er mittlerweile zu einer Belastung für die CSU geworden ist. Die Aktionen des Beamten zielten darauf, die Kritikerin Pauli zu verunsichern, zu verängstigen, sie politisch fertig zu machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas ohne Absicherung durch die Spitze des Hauses, ohne das Wissen Edmund Stoibers stattfindet.

SPIEGEL ONLINE: Was erwarten Sie jetzt vom Ministerpräsidenten?

Maget: Stoiber sollte sich bei Frau Pauli entschuldigen. Das ist das Mindeste. Zweitens sollte er solchen Ostblock-Methoden eine klare Absage erteilen. Und drittens sollte er disziplinarrechtlich gegen seinen Mitarbeiter vorgehen. Das ist das Gebot der Stunde. Doch offensichtlich wird das überhaupt nicht erwogen. Das zeigt nur die moralische Verkommenheit, die in der bayerischen Regierung mittlerweile eingetreten ist.

SPIEGEL ONLINE: Einst hat Gabriele Pauli Ihrer SPD den roten Landkreis Fürth entrissen. Jetzt steht sie unter massivem Beschuss ihrer eigenen Parteifreunde. Würden Sie Frau Pauli Asyl in der SPD gewähren?

Maget: Gabriele Pauli ist herzlich eingeladen, bei uns mitzumachen. Sie wird in der SPD eine ganze Reihe ähnlich guter und erfolgreicher Kommunalpolitiker treffen.

Das Interview führte Sebastian Fischer

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