Streit um Vorratsdatenspeicherung CSU nennt Justizministerin "Sicherheitsrisiko"

Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung spitzt sich zu: Unionspolitiker fordern die Kanzlerin auf, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu entmachten.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: wird von CDU und CSU angegriffen

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: wird von CDU und CSU angegriffen

Foto: dapd

Berlin - Politiker aus CDU und CSU haben Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) scharf angegriffen. Sie verlangten, ihr die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Vorratsdatenspeicherung zu entziehen. CSU-Politiker Hans-Peter Uhl bezeichnete die FDP-Politikerin als "Sicherheitsrisiko für Deutschland". Leutheusser-Schnarrenberger habe sich mit ihrer falschen Politik vollkommen isoliert und bekomme dafür jetzt die Quittung. "Die Bundeskanzlerin muss jetzt ein Machtwort sprechen."

Die EU-Kommission will die Bundesregierung mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof dazu zwingen, die EU-Richtlinie umzusetzen. Nach der Richtlinie sollen Provider speichern, wer wem eine E-Mail schreibt, wer mit wem telefoniert und wer sich wie mit dem Internet verbindet. Die Daten sollen für mindestens sechs Monate und höchstens zwei Jahre gespeichert werden, damit Ermittler darauf zugreifen können.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland ist bislang daran gescheitert, dass sich Union und FDP noch nicht auf eine Neufassung des Gesetzes einigen konnten. Falls das Gericht Deutschland für schuldig befindet, würde eine Geldbuße fällig.

Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland hat den Koalitionsstreit über die Vorratsdatenspeicherung wieder angefacht. Leutheusser-Schnarrenberger wertet die EU-Richtlinie als Verletzung der Grundrechte. Die Justizministerin will Internet- und Telefonverbindungsdaten nur speichern lassen, wenn konkrete Verdachtsfälle vorliegen. "Quick Freeze" nennt sich dieser Ansatz, der von Unionspolitikern vehement abgelehnt wird. Die Union möchte, wie es die EU-Richtlinie vorsieht, sämtliche Vorratsdaten ohne jeden Anfangsverdacht sechs Monate lang speichern lassen.

"Die Vorratsdatenspeicherung ist die umstrittenste Richtlinie, die es je in der EU gab. Wir sind ja nicht die einzigen, die verklagt werden. Mit Schweden, Belgien oder Österreich befinden wir uns in guter Gesellschaft", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Thüringer Allgemeinen".

Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) verlangte, Leutheusser-Schnarrenberger müsse notfalls am Kabinettstisch überstimmt werden. "Sie ist in mehreren wichtigen Fragen ein Bremsklotz für die Bundesregierung", sagte Krings der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte die CSU auf, sich zu mäßigen. "Ich weiß ja, dass unsere Freunde aus Bayern sich gern etwas deftiger ausdrücken, um sich Gehör zu verschaffen. In einer guten Koalition sollte man aber auch bei unterschiedlichen Positionen in Sachfragen gewisse Umgangsformen beibehalten", mahnte er. Zugleich verteidigte er die Ministerin: "Eine anlasslose Speicherung der Daten von 80 Millionen Bundesbürgern für sechs Monate greift tief in die Bürgerrechte jedes Einzelnen ein und findet nicht unsere Unterstützung."

kha/dpa
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