CSU zur Euro-Krise "Spanien muss für seine Banken haften"

Parteichef Seehofer, Generalsekretär Dobrindt: "Geld nur gegen Reformen"
Foto: dapdSPIEGEL ONLINE: Herr Dobrindt, der Bundestag ruft wegen der Spanien-Hilfen zur Sondersitzung. Steht die Kanzlermehrheit?
Alexander Dobrindt: Wir haben in der Vergangenheit immer die Mehrheit bekommen, die wir gebraucht haben. Für die Spanien-Hilfen brauchen wir die einfache Mehrheit.
SPIEGEL ONLINE: Solange SPD und Grüne mit an Bord sind, können Sie natürlich beruhigt sein.
Dobrindt: Wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass die Opposition immer zu vernünftigen Entscheidungen in der Europapolitik kommt. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die SPD gerne die sozialistische Internationale über die deutschen Interessen stellt und dafür auch skurrile Wallfahrten ihrer Troika zu Frankreichs Chefsozialisten Hollande einsetzt.
SPIEGEL ONLINE: Spanien soll für seine Banken bis zu 100 Milliarden Euro bekommen. Die Regierung beteuert, der spanische Staat hafte dafür. Aussagen von ESM-Chef Klaus Regling konnte man anders deuten. Reicht Ihnen die Zusage von Angela Merkel?
Dobrindt: Für uns zählt das Wort der Kanzlerin. Es gilt der Grundsatz der strikten Konditionalität. Es darf nicht davon abgewichen werden, dass es Bankenhilfen nur gegen Auflagen gibt. Und der spanische Staat muss für seine Banken gerade stehen.
SPIEGEL ONLINE: Der letzte EU-Gipfel hat den Weg für direkte Bankenhilfen geebnet. Die CSU war irritiert. Wo ist Ihre neue rote Linie in der Euro-Krise?
Dobrindt: An der roten Linie hat sich nichts geändert: Wir wollen keine Vergemeinschaftung der Schulden, Geld gibt es nur gegen strenge Reformen, und die Leistungsfähigkeit Deutschlands darf nicht überfordert werden. Das gilt auch für die Zukunft.
SPIEGEL ONLINE: Also wird die CSU auch direkten Bankenhilfen aus dem ESM zustimmen?
Dobrindt: Nochmal: keine Hilfen ohne Auflagen. Dabei bleibt es. Ich sehe nicht, wie da ein Weg zu direkten Bankenhilfen gehen könnte.
SPIEGEL ONLINE: Sie fordern den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Wann wird sich diese Haltung in der Bundesregierung durchsetzen?
Dobrindt: Griechenland fehlt offensichtlich die Kraft, seine Reformen innerhalb des Euro-Systems durchzusetzen. Also sollte es eine Chance außerhalb der Euro-Zone bekommen. Die EU kann den Griechen auch ohne Euro Hilfestellung geben, mit einer späteren Wiedereintrittsperspektive in die Euro-Zone wäre das ein tragfähiges Angebot.
SPIEGEL ONLINE: Auch in Deutschland müssen die Reichen den Armen helfen. Bayern will gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Man wirft ihnen vor, die Solidarität mit den anderen Ländern aufzukündigen.
Dobrindt: Unsolidarisch sind diejenigen, die sich darauf verlassen, dass Bayern ihre maroden Haushalte über die nächsten Jahre und Jahrzehnte mitfinanziert. Bayern dagegen hat nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt, wir zahlen auch alte Schulden zurück. Diese Anstrengungen kann man auch von anderen Bundesländern verlangen. Wir zahlen inzwischen mehr als die Hälfte des gesamten Länderfinanzausgleichs. Das ganze System ist aus dem Ruder gelaufen.
SPIEGEL ONLINE: Trotzdem steht Bayern alleine da, die anderen Geberländer wollen nicht mitklagen. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Dobrindt: Hessen und Baden-Württemberg haben immer gesagt, dass auch sie mit dem Länderfinanzausgleich unzufrieden sind. Ich gehe davon aus, dass sich beide Länder unserem Anliegen anschließen werden.
SPIEGEL ONLINE: Das heutige System wurde vom damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber mit ausgehandelt. Im Bundestag stimmte 2001 auch Horst Seehofer zu. Die SPD lästert, die CSU klage gegen sich selbst.
Dobrindt: Vor elf Jahren hatten die Nehmerländer zugesagt, alles zu unternehmen, um aus ihrer Malaise herauszukommen. Diese Zusagen wurden nicht eingehalten. Die Schere ist sogar größer geworden. Bayern war auch mal Nehmerland, aber wir haben uns angestrengt, sind als einziges Land vom Nehmer- zum Geberland geworden. Heute zahlen wir aus unserem 46-Milliarden-Euro-Etat eine Milliarde alte Schulden zurück, müssen aber gleichzeitig fast 3,7 Milliarden in den Länderfinanzausgleich geben. Das System bestraft die, die sich anstrengen, und belohnt jene, die sich nicht anstrengen.
SPIEGEL ONLINE: Sie hacken vor allem auf dem größten Nehmerland Berlin herum. Zieht das Spiel fleißige Bayern gegen faule Preußen einfach besonders gut im bayerischen Landtagswahlkampf?
Dobrindt: Einspruch. Wir haben in den vergangen zwei Jahren immer wieder betont, dass der Länderfinanzausgleich korrigiert werden muss, und haben dazu Verhandlungen angeboten. Die Schuldenländer mit ihrer griechischen Hängematten-Finanzpolitik wie Berlin und jetzt auch Nordrhein-Westfalen haben sich dem verschlossen, deswegen müssen wir jetzt den Klageweg gehen. Jetzt ist Ende der Fahnenstange.
SPIEGEL ONLINE: Besteht noch die Chance, dass Sie auf die Klage verzichten, wenn es wieder Bewegung gibt?
Dobrindt: Wir haben lange genug verhandelt, jetzt bereiten wir die Klage vor. Die Nehmerländer sind aber nicht gehindert, jederzeit ein tragfähiges Verhandlungsangebot vorzulegen.