Umstrittene Promotion CSU-Generalsekretär Scheuer verzichtet auf Doktortitel

CSU-Generalsekretär Scheuer verzichtet künftig auf das Führen seines Doktortitels. Der Politiker bestätigte einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Zuvor hatten mehrere Medien auf Probleme im Zusammenhang mit seiner Promotion hingewiesen.
Generalsekretär Scheuer: Künftig ohne "Dr."

Generalsekretär Scheuer: Künftig ohne "Dr."

Foto: Andreas Gebert/ dpa

Berlin - CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will auf das Führen seines Doktortitels verzichten. "Um eine kaum handhabbare Praxis beim Führen des Titels zu vermeiden, habe ich mich entschieden, vom Führen des Titels künftig völlig abzusehen", sagte Scheuer der "Bild"-Zeitung. Scheuer darf sein in Prag erworbenes sogenanntes kleines Doktorat nur in Bayern und Berlin als "Dr." führen. In den anderen Bundesländern darf er nur die tschechische Abkürzung "PhDr." nutzen. Ein Parteisprecher sagte zunächst auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, dass sich die Pressestelle zu der Angelegenheit am Freitagmittag äußern werde.

Wenig später bestätigte Scheuer gegenüber SPIEGEL ONLINE den Verzicht auf den Doktortitel in einer SMS: Es sei "so wie die Meldung."

Der frisch gekürte CSU-Generalsekretär reagierte mit seinem Schritt auf eine Berichterstattung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Demnach ist die wissenschaftliche Leistung Scheuers für den bislang in seinem Lebenslauf und auch bei offiziellen Anlässen ausgewiesenen Doktortitel nur mit einem Master-Studienabschuss vergleichbar.

Scheuers Arbeit über "Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns" ist der "FAZ" zufolge in Deutschland über den Verlag Books on Demand zu erhalten, der im schleswig-holsteinischen Norderstedt ansässig ist. Im Impressum des Buchs firmiert er demnach als "Dr. Andreas Scheuer, MdB". Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht rügte dem Bericht zufolge im Jahr 2011 in einem ähnlichen Fall einen Steuerberater, der ein slowakisches "kleines Doktorat" nutzte, um als "Dr." aufzutreten; der Steuerberater hatte seinen Hauptwohnsitz in Bayern, arbeitete aber in Schleswig-Holstein.

Der Prager Doktorvater Scheuers, der Politologe Rudolf Kučera, bezeichnete es gegenüber der "FAZ" als "ganz normal", dass Scheuer in Prag eine Arbeit in deutscher Sprache vorgelegt habe. Tschechischkenntnisse seien nicht verlangt worden; Scheuer habe in Prag keine Lehrveranstaltungen besucht. Scheuers Sprecher erklärte dazu, es sei nicht notwendig gewesen, für das Promotionsverfahren "die tschechische Sprache zu erlernen", da Kučera Deutsch spreche.

Textpassagen übernommen?

Dem Politologen zufolge gehörte der Prüfungskommission, die mit Scheuers Promotion befasst gewesen sei, auch der Wissenschaftler Bohumil Doležal an. Doležal sagte der "FAZ" gegenüber jedoch, er sei nicht Mitglied der Prüfungskommission gewesen und wisse über diese Angelegenheit nichts.

Der Bericht erhebt zudem den Vorwurf, Scheuer habe in seiner Arbeit eine längere Textpassage aus einer Veröffentlichung der Bundeszentrale für politische Bildung, die in Zusammenarbeit mit der Uni Münster erstellt worden war, weitgehend übernommen, ohne sie kenntlich zu machen. Scheuer ließ seinen Sprecher mitteilen, bei einer "detaillierten Überprüfung" der Arbeitsunterlagen für seine Promotion sei "kein Textdokument der Universität Münster" gefunden worden. Er werde die Universität bitten, "über Autorschaft und Entstehungsdatum" des Textes Auskunft zu geben.

Warum Scheuer erst jetzt auf das Führen seines Titels verzichtet, bleibt allerdings unklar. Immerhin ist vieles aus dem Bericht in der "FAZ" nicht neu: Schon 2011 berichtete zum Beispiel der "Stern"  über Vorwürfe gegen den CSU-Politiker.

ler/hen/otr/sev/dpa/AFP
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