Europawahlkampf CSU wehrt sich gegen CDU-Kritik

CSU-Chef Seehofer in Andechs: "Sechs Mal ja zu Europa"
Foto: Peter Kneffel/ dpaSollen ruhig ein paar Christdemokraten in Berlin und Brüssel wegen der Europakritik der CSU irritiert sein, für Horst Seehofer ist die Welt in Ordnung. Und sein Verhältnis zu CDU-Chefin Angela Merkel - sowieso bestens und völlig ungetrübt. Er habe vorhin ausführlich mit der Kanzlerin telefoniert, sagt der CSU-Vorsitzende am Freitagnachmittag in Andechs vor Journalisten. Es muss ein harmonisches Gespräch gewesen sein.
Ob Merkel ihn auf die unterschiedlichen Akzentuierungen in den beiden Programmen von CDU und CSU zur Europawahl angesprochen habe, lautet eine Frage. "Null", sagt Seehofer. "Wir arbeiten mit der Kanzlerin bestens zusammen."
Zuletzt konnte man an dieser Harmonie zwischen den beiden Schwesterparteien allerdings mal wieder Zweifel haben: Kaum war der Programmentwurf der CSU bekannt geworden, regte sich Unbehagen bei so manchem Christdemokraten. Die europakritischen Töne der CSU passen nicht so recht zum dezidiert europafreundlichen Wahlkampf der CDU. "Wer das Aber zu groß macht, zerstört das Ja", hatte der CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok deshalb gesagt. Sein Parteifreund Herbert Reul nannte manche Forderungen der Schwesterpartei "einfach überflüssig".
Seehofer rückt die Sache am Freitag so zurecht, wie man die Dinge aus CSU-Sicht zu sehen hat. Seine Partei sage in ihrem Programmentwurf, über den die Parteiführung bei ihrer zweitägigen Klausur in Andechs berät, "sechs Mal ja zu Europa". Man nehme aber die Probleme auf, die die Menschen bewegen würden: "Im Moment sind wir die einzigen, die das tun."
Man braucht "ein besseres Europa"
Das ist nicht nur eine deutliche Stichelei gegen die CDU, weil Seehofer der Schwesterpartei damit Bürgerferne attestiert. In seinen Worten steckt zudem reichlich Schönfärberei: Die angeblich sechs klaren Bekenntnisse der Christsozialen in den sechs Kapiteln des Programmentwurfs muss man schon suchen. "Wir brauchen Europa", heißt es zwar im Vorwort von Seehofer, man brauche aber "ein besseres Europa", schreibt er ein paar Zeilen weiter. Und dann geht es in den einzelnen Kapiteln zur Sache. Von "Brüsseler Regulierungswut" ist da die Rede, von einer "Einbahnstraße der Kompetenzübertragungen von den Staaten an die EU", von einer "erstickenden Flut von Bürokratie aus Brüssel" und davon, dass Europa nur da tätig werden soll, "wo es wirklich gebraucht wird".
Bei der CDU sei das Ja zu Europa eben "manchmal zu groß", sagt CSU-Spitzenkandidat Markus Ferber in Andechs. Dadurch würden "die Probleme der Menschen vernachlässigt".
In Andechs will die CSU-Führung deshalb auch ein weiteres Mal über ein Thema reden, mit dem die Partei bereits Anfang des Jahres für Schlagzeilen gesorgt hatte. "Wer betrügt, der fliegt", hatte die CSU damals als Losung ausgegeben und damit vor angeblich massivem Sozialmissbrauch durch Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien gewarnt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) klang allerdings deutlich sachlicher, als er sich zuletzt zu dem Thema äußerte: "Die Zahl der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien ist bundesweit überschaubar, jedoch regional besorgniserregend."
Die CSU sieht deshalb lange noch keinen Grund zur Entwarnung. Das Problem sei vorhanden, sagte Seehofer in Andechs. Bayern bleibe ein weltoffenes Land, "aber die Probleme, die es mit dem Missbrauch gibt, werden bekämpft".
Bislang scheint die Strategie der CSU aufzugehen, mit ihrem Brüssel-kritischen Kurs die europafeindliche AfD möglichst klein zu halten. In einer Umfrage des GMS-Instituts für Bayern kam die Partei auf 49 Prozent, die AfD auf fünf Prozent. Passend dazu warnte CSU-Vize Peter Gauweiler in einem Interview mit der rechtskonservativen "Jungen Freiheit" vor der AfD: "Lasst euch nicht blenden! Eine Nussschale ist keine Arche", sagte Gauweiler.
Als Ziel gab Seehofer am Freitag erneut aus, die bisher acht Mandate seiner Partei im Europaparlament halten zu wollen. Jetzt müsse für die Wahl mobilisiert werden. 15 Großveranstaltungen sind bis zum Wahltag am 25. Mai geplant, zwei Mal soll auch Merkel kommen. Einer aus der CSU formuliert es so: "Wir brennen in den nächsten Wochen ein Feuerwerk ab."