Justizministerin Barley fordert schnelle Reaktion auf Daten-Leak
Der Datendiebstahl bei Politikern und Prominenten hat eine Debatte über Sicherheit im Internet ausgelöst. Noch immer sind viele Fragen offen, neben den individuellen Folgen des Falls geht es auch darum, welche Konsequenzen die Bundesregierung generell zieht.
SPD-Justizministerin Katarina Barley knöpft sich nun die Anbieter von Internetplattformen und sozialen Medien vor. Diese müssten gehackte Nutzerkonten schneller sperren. "Die Plattformen müssen die Accounts, über die Hacks verbreitet werden, sofort sperren", sagte Barley der "Rheinischen Post". "Wenn Accounts von Hackern gekapert werden, müssen ihre Inhaber sie schnellstens zurückerlangen können."
Unter anderem hatte Barleys Parteifreund, der Abgeordnete Helge Lindh, beklagt, er habe nach einem Hackerangriff im März 2018 vier Wochen lang keinen Zugriff auf sein privates Mailkonto gehabt. Es werde jetzt geprüft, wie die Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden könnten, sagte die Justizministerin. Zudem forderte sie mehr Transparenz im Netz: "Wir brauchen ein europaweit gültiges IT-Sicherheitsgütesiegel, damit Nutzer vertrauenswürdige Angebote direkt erkennen können."
Rund tausend Politiker, Prominente und Journalisten sind nach Angaben des Innenministeriums von dem Daten-Leak betroffen. Etwa 50 Fälle seien schwerwiegender, weil größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos und Korrespondenz veröffentlicht wurden. Das BSI habe schon im vergangenen Jahr von fünf Fällen gewusst - ohne einen Zusammenhang zu erkennen.
SPD und Linke erhöhen Druck auf Seehofer
Laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bekamen Opfer der Online-Attacken in den vergangenen Tagen Anrufe mit Nummern aus Russland. Die Anrufer blieben aber anonym. Sicherheitskreise zweifelten, ob die Anrufe von den Urhebern des Angriffs kamen und nicht möglicherweise von Trittbrettfahrern, um einen Verdacht auf russische Nachrichtendienste zu lenken, meldet der RND.
Am Nachmittag will sich Innenminister Horst Seehofer (CSU) zum Stand der Ermittlungen äußern. Seine zögerliche Reaktion auf den Fall hat ihm viel Kritik eingebracht. Tagelang höre man nichts von Seehofer, dabei sei dieser der politisch Verantwortliche, sagte Linken-Chef Bernd Riexinger. Auch die SPD erhöhte den Druck auf Seehofer: "Beim BSI herrscht Kommunikationswirrwarr, und diese Behörde untersteht dem Bundesinnenminister", sagte der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka der "Passauer Neuen Presse". Lischka beklagte die Zersplitterung der für die IT-Sicherheit zuständigen Behörden und forderte eine bessere Koordination und klare Verantwortlichkeiten.
Der CDU-Innenpolitiker Phlipp Amthor stellte sich hingegen hinter das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). "Es ist unsachlich und greift zu kurz, jetzt einseitige Kritik am BSI zu üben", sagte Amthor. Die Behörde habe die gesetzliche Aufgabe, die IT-Sicherheit der Staatsorgane des Bundes zu schützen. Der Schutz der privaten Kommunikation von Amtsträgern gehöre bisher hingegen nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des BSI. An die Kritiker des BSI appellierte Amthor, lieber eine personelle Stärkung der Behörden zu unterstützen.
SPIEGEL ONLINE berichtet ausführlich über die Hackerangriffe gegen Politiker und Personen des öffentlichen Lebens. Mit Details aus den Datendiebstählen gehen wir allerdings zurückhaltend und vorsichtig um. Privatadressen, Telefonnummern oder weitere Informationen, an denen nach jetzigem Kenntnisstand kein öffentliches Interesse besteht, veröffentlichen wir nicht.