Schulmisere Scholz rechnet über mehrere Jahre mit Lehrermangel

Volle Klassen, gestresste Lehrer: In den nächsten Jahren könnte sich das noch verschärfen
Foto: Bernd Weißbrod / picture alliance / dpaBundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor einem wachsenden Problem fehlender Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen gewarnt. »Wir müssen uns natürlich vorbereiten zum Beispiel auf eine Situation von Lehrermangel. Das, glaube ich, haben viele noch nicht vorhergesehen«, sagte Scholz am Samstag bei einem Bürgergespräch in seinem Bundestagswahlkreis in Potsdam. »Das wird ne große Nummer, weil das überall in Deutschland gleichzeitig der Fall ist und überall Lehrerinnen und Lehrer fehlen. ... Ich befürchte, das wird uns die nächsten zehn Jahre umtreiben und nicht einfach verschwinden.«

Bundeskanzler Olaf Scholz
Foto: Eberhard Thonfeld / IMAGODer SPD-Politiker brachte Bayern als Beispiel für Lehrermangel. »Herr Söder hat sogar gesagt, wir klauen Lehrer aus anderen Ländern – sehr solidarischer Vorgang, wenn ich das sagen darf«, sagte er schmunzelnd mit Blick auf Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). In einigen Ländern werde die Stundenzahl der Lehrer angehoben, in anderen werde über höhere Klassenfrequenzen diskutiert.
Bildungsministerin sieht Länder in der Pflicht
Nach Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) werden im Jahr 2030 rund 14.000 Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm kommt gar auf eine Lücke von mehr als 80.000 Lehrkräften – und Reformen wie etwa der Ganztagsanspruch ab 2026 sind da noch nicht einmal berücksichtigt.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) warnt ebenfalls vor einem einschneidenden Lehrermangel und sieht bei der Bewältigung des Problems die Bundesländer in der Pflicht. Sie hatte deshalb bereits Mitte März zu einem »Bildungsgipfel« eingeladen, ihr Befund: »Das deutsche Bildungssystem steckt in einer tiefen Krise, die uns alle betrifft.« Die allermeisten Bildungsministerinnen und -minister blieben jedoch der Veranstaltung demonstrativ fern.
Ein breites Bündnis aus mehr als 50 Organisationen, das von der Bertelsmann Stiftung bis zum Deutschen Gewerkschaftsbund reicht, verfasste außerdem einen Brandbrief: »An den Grundschulen gehen die Leistungen seit Jahren zurück. Auch an den weiterführenden Schulen sinkt das Leistungsniveau dramatisch.« Zugleich steige die Zahl junger Menschen, die im Berufsleben den Anschluss verlören. Dem »Bildungssystem gelingt immer weniger, die Fehlentwicklungen zu korrigieren«, warnte das Bündnis. Darum sei es »höchste Zeit«, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierungen der Bundesländer »einen echten Nationalen Bildungsgipfel einberufen«.