Amigo-Vorwürfe gegen Politiker "Vitamin B ist tabu!"
Berlin - Für die neue Fraktionschefin der CSU im bayerischen Landtag ist klar: Den angerichteten Schlamassel kann man nicht schönreden. "Der Imageschaden ist im Moment sehr groß für die CSU in Bayern", sagte Christa Stewens am Montag der "Süddeutschen Zeitung". Stewens ist erst seit ein paar Tagen im Amt, ihr Vorgänger Georg Schmid trat zurück, weil er seine Ehefrau über Jahrzehnte in einem seiner Büros angestellt und üppig entlohnt hatte.
Insgesamt 17 CSU-Politiker im bayerischen Landtag hatten Jobs für Ehepartner und Kinder in ihren Büros mit öffentlichen Mitteln bezahlt. Am Wochenende geriet auch die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär in die Kritik, weil sie ihren späteren Ehemann als Mitarbeiter beschäftigte.
In der Debatte über fragwürdige Job-Vergabepraktiken in Abgeordnetenbüros übt die Organisation Abgeordnetenwatch jetzt scharfe Kritik. "Offenbar fehlt es manchem Volksvertreter am nötigen Fingerspitzengefühl", sagte Sprecher Martin Reyher SPIEGEL ONLINE am Montag.
Er geht sogar so weit, dass persönliche Beziehungen bei der Jobvergabe überhaupt keine Rolle spielen dürften. "Für Abgeordnete muss klar sein: Vitamin B bei der Anstellung und Beschäftigung eines Mitarbeiters sind absolut tabu. Deswegen sollten sie Berufliches und Privates strikt trennen, auch dann, wenn die berufliche Beziehung erst im Laufe der Zeit zu einer privaten wird", so Reyher weiter. "Nur so können Politiker den Eindruck vermeiden, als wollten sie oder ihre Angehörigen aus dem Mandat persönlich Kapital schlagen."
Auch Transparency Deutschland warnte vor Vetternwirtschaft in Parlamenten. "Ein Abgeordneter, der Familienmitglieder mit Steuergeldern unterhält, hat ein höchst fragwürdiges Verständnis von seinem Amt", sagte die Vorsitzende Edda Müller SPIEGEL ONLINE. Eine Verschärfung des Abgeordnetengesetzes lehnte die Organisation jedoch ab. Diese seien aus Sicht von Transparency hinreichend. Es ginge vielmehr um "Regeln der Moral und des Anstands", nach denen sich Volksvertreter richten müssten.
Der Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europaparlament, Markus Ferber, rief den zurückgetretenen CSU-Fraktionschef Schmid unterdessen zu einer öffentlichen Entschuldigung auf: "Ich hätte mich schon gefreut, wenn Herr Schmid frühzeitig erklärt hätte, dass er einsieht, dass es aus heutiger Sicht so nicht in Ordnung war, und dass er sich auch öffentlich entschuldigt. Ich denke, dass würde sich gehören", sagte Ferber dem Bayerischen Rundfunk.