Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft Rausschmiss mit Verspätung

Syrischer Tycoon Makhlouf: Verband verpasste den richtigen Moment zum Rauswurf
Foto: Louai Beshara/ picture alliance / dpaBerlin - Viel verhasster als Rami Makhlouf kann man in Syrien derzeit nicht sein. "Dieb" und "Hau ab", riefen die Demonstranten dem Wirtschaftsmagnaten und Cousin des Präsidenten Baschar al-Assad schon vor Monaten zu. Makhlouf ist für viele Syrer der Inbegriff der Korruption und der Willkürherrschaft des Regimes, in dem der Assad-Clan und seine Verbündeten Macht und Moneten unter sich aufteilen.
Bis zu 60 Prozent der syrischen Wirtschaft, schätzen Beobachter, kontrolliert Makhlouf. Von der "Assad-Makhlouf-GmbH" sprechen Oppositionelle. Als der Milliardär im Juni in einem rührseligen TV-Auftritt schwor, aus dem Big Business auszusteigen und einen großen Teil seines Vermögens zu spenden, glaubte ihm praktisch niemand.
Das lag nicht zuletzt daran, dass die Europäische Union Rami Makhlouf erst kurz zuvor, am 13. Mai, zusammen mit zwölf anderen Personen auf eine Liste gesetzt hatte, die in die Niederschlagung des Aufstandes involviert sein sollen oder das Regime finanziell stützen. Die Aufnahme in die Liste ging einher mit einem Einreiseverbot und dem Einfrieren der Auslandskonten.
Den richtigen Moment verpasst
Die Listung wäre ein guter Moment für die "Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft" (DAFG) gewesen, sich von Makhlouf zu distanzieren - doch die Lobbyorganisation - deren Vereinszweck unter anderem darin besteht, "die Bürger der arabischen Länder und der Bundesrepublik Deutschland hinreichend und objektiv über die beide Seiten interessierenden Probleme, Fragen und Geschehnisse zu unterrichten" - verpasste ihn: Kein öffentliches Bedauern darüber, dass die DAFG noch 2009 und 2010 durch Makhlouf vermittelte Zuschüsse in vierstelliger Höhe für Veranstaltungen angenommen hatte. Keine Erklärung, dass die Berufung Makhloufs in den "Ehrenrat" der DAFG anlässlich seines letzten Besuches in Berlin zurückgezogen wird.
Aus Empörung darüber demonstrierten am Donnerstag mehrere Dutzend Auslandssyrer vor dem Berliner Sitz der DAFG. "Wir erwarten eine klare Positionierung zu Syrien", erklärte Mitveranstalter Siruan Hussein vor der Kundgebung. Schließlich war die Berufung Makhloufs seinerzeit öffentlich verkündet worden.
Auf der Homepage der DAFG findet sich zwar mittlerweile eine Stellungnahme, in der "die friedliche Entwicklung in den arabischen Staaten zur Verwirklichung realer demokratischer Reformen" begrüßt wird. Aber eine Distanzierung zu Makhlouf fehlt nach wie vor.
Der "Ehrenrat" sollte ohnehin aufgelöst werden
Dabei ist es keineswegs so, als sei innerhalb der DAFG nicht über den Fall diskutiert worden. Es scheint bloß so, als ob er verschlafen wurde. Eigentlich, so heißt es aus dem Vorstand, sei verabredet worden, dass Rami Makhlouf in einem Telefonat mitgeteilt werde, dass er nicht länger Mitglied des Ehrenrats sei. Dieses Gespräch fand allerdings nie statt.
Hinzu kommt: Der Ehrenrat war nach Ansicht der DAFG niemals operativ. Und "weil er nie operiert hat", so die Geschäftsführung der DAFG, habe der Vorstand bereits vor Monaten beschlossen, dass er aufgelöst werden soll - mithin unabhängig von der Causa Makhlouf. Auf der kommenden Mitgliederversammlung im November oder Dezember, so der Plan laut Vizepräsident Houssam Maarouf, soll das Ende des nie real existierenden Gremiums formal beschlossen werden.
Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Art und Weise, wie Verbände wie die DAFG von den Entwicklungen in der arabischen Welt regelrecht überrumpelt werden. Lange Jahre war es nötig, mit den Regierenden und ihren Mittelsmännern im Gespräch zu sein, wenn man überhaupt belastbare Kontakte in die Region pflegen wollte. Die DAFG beispielsweise hatte - zum Teil auf Grundlage persönlicher Beziehungen - gute Verbindungen in das Ägypten Mubaraks, das Libyen Gaddafis und das Syrien Assads. Jetzt sind in einigen dieser Staaten die früheren Oppositionellen an der Macht, in anderen ist die Lage unklar, aber dafür sind die früheren Gesprächspartner diskreditiert.
"Sonst demonstrieren wir weiter"
Ähnlich wie die Bundesregierung ihre auswärtigen Beziehungen angesichts der Umwälzungen anpassen muss, muss dies auch die DAFG tun. "Vor kurzem hatten wir noch mit dem alten libyschen Botschafter zu tun, jetzt mit dem neuen, da können wir ja nicht so tun, als hätte sich nichts verändert", sagt ein Vorstandsmitglied - und betont, dass niemand im Verein den alten Zeiten nachtrauert: "Wir sind eben in einer Phase der Neuausrichtung."
Die DAFG ist eine Abspaltung der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, die vor einem halben Jahrzehnt in Misskredit geriet, weil Verbandsführer um den FDP-Politiker Jürgen Möllemann mit Positionen hantierten, die teilweise als antisemitisch empfunden wurden. Die DAFG sollte ein Neustart sein, sie fand Bundestagsabgeordnete und namhafte Orientexperten als Mitglieder und Vorständler, die arabischen Botschafter aus Berlin sind qua Amt involviert, bekannte Wirtschaftsführer sind dabei, Präsident ist der ehemalige bayerische Staatsminister Otto Wiesheu.
Die DAFG gilt als seriös. Nur scheint sie eben ein bisschen langsam zu sein, wie die unappetitliche Karteileiche Rami Makhlouf illustriert. Immerhin: Die Neuanpassung scheint nun in vollem Gange zu sein - Projekte mit ägyptischen Revolutionären sind bereits angeleiert, heißt es aus dem Vorstand. "Wir wollen uns deutlich positionieren."
Und auch im Fall Makhlouf scheint es nun Bewegung zu geben. Die Demonstranten, die am Donnerstag vor der Geschäftsstelle auftauchten, zeigten sich zufrieden: Die Geschäftsführung habe zugesichert, das Problem anzusprechen. Das Ergebnis, sagt Siruan Hussain, müsse allerdings eine Distanzierung von Makhlouf sein - anderenfalls "demonstrieren wird hier jeden Tag weiter".