Deutsch-russisches Verhältnis Fischer verteidigt Schröders Freundschaft mit Putin

Außenminister Fischer hat die engen Beziehungen zwischen Bundeskanzler Schröder und dem russischen Präsidenten Putin verteidigt. Schröder ist wiederholt vorgeworfen worden, er verhalte sich Putin gegenüber zu unkritisch - zuletzt in der Debatte über Wahlfälschung in der Ukraine.

Hamburg - "Dem Bundeskanzler wird wegen seinem Verhältnis zu Putin wirklich Unrecht getan", sagte Joschka Fischer der "Bild am Sonntag". Zwischen Staatsmännern gehe es nicht nur um persönliche, sondern um politische Beziehungen.

Fischer wies vor allem Vorwürfe zurück, Schröder und er selbst begegneten Putin in Menschenrechtsfragen mit zu großer politischer Zurückhaltung. "Das sind Vorwürfe ohne jede Faktengrundlage", betonte der Außenminister. Weder er noch Schröder hielten sich zurück. Ganz im Gegenteil sprächen sie Menschenrechtsfragen stets und schnörkellos an.

Letzten Mittwoch hatte Schröder mit Putin wegen der Wahl in der Ukraine telefoniert. Bewusst habe der Kanzler auf Vorhaltungen verzichtet, verbreiteten anschließend seine Berater. Für Putin stehe nun mal viel auf dem Spiel - etwa die Ölleitungen durch die Ukraine. Im Gegenzug habe Schröder von Putin das Zugeständnis erhalten, dass der "Konflikt über die Präsidentschaftswahlen im Rahmen der Gesetze gelöst wird".

Öffentlich hatte Schröder zuletzt im Bundestag am vergangenen Mittwoch für Aufruhr gesorgt. Er hatte den Abgeordneten erklärt, er sei fest davon überzeugt, der russische Präsident wolle Russland aus innerer Überzeugung zu einer Demokratie entwickeln.

Nur wenige Tage zuvor hatte Putin öffentlich ganz andere Interessen bekundet. Ungerührt von weltweiten Protesten gegen Wahlfälschungen hatte Putin dem ukrainischen Regime-Kandidaten Wiktor Janukowitsch noch vor Auszählung der Stimmen bereits zum Wahlsieg gratuliert.

Ganz anders als Schröder waren letzte Woche die europäischen Regierungschefs beim EU-Russland-Gipfel in Den Haag mit Putin umgegangen. Dort musste sich der Russe harsche Kritik gefallen lassen. "Die Wahl in der Ukraine entspricht nicht internationalen Standards", hielt der gastgebende Niederländer und amtierende Ratspräsident Jan Peter Balkenende dem Kreml-Chef vor. "Wir können das Ergebnis nicht akzeptieren."

Schröder mag die Drähte nach Moskau der starken ökonomischen Interessen wegen nicht gefährden. Immer wieder reist der Deutsche nach Russland. Das Riesenreich im Osten, so seine Prognose, werde in den nächsten 20 bis 30 Jahren zu einem der wichtigsten Wirtschaftsräume für Deutschland.

Seit 1999 brummen die Geschäfte. Die deutschen Exporte nach Russland - hauptsächlich Maschinen, Autos, Chemieprodukte - kletterten bis Ende 2003 von rund 5 Milliarden auf etwa 12 Milliarden Euro, die Importe aus Putins Reich - überwiegend Öl, Gas und Rohstoffe - von 8 auf überschlägig 14 Milliarden.

Kritik an politischen Entscheidungen trägt Schröder seinem Duzfreund Putin allenfalls unter vier Augen vor.

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