Neuer Job Kabinett verzögert Wechsel von Ex-Minister Schmidt zur Bahn

Der frühere Landwirtschaftsminister Christian Schmidt gilt schon länger als fester Kandidat für den Aufsichtsrat der Bahn. Nach SPIEGEL-Informationen beschloss die Regierung nun, dass Schmidt noch warten muss.
Christian Schmidt

Christian Schmidt

Foto: Steffi Loos/ Getty Images

Das Bundeskabinett hat den Wechsel des früheren Landwirtschaftsministers Christian Schmidt in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn vorerst blockiert.

Nach SPIEGEL-Informationen lag der Ministerrunde unter Leitung der Bundeskanzlerin am Dienstag ein Beschluss vor, wonach der frühere Minister noch ein Jahr warten muss. Erst dann darf er in die Bahn-Führung aufsteigen.

Mit der Entscheidung folgte das Kabinett der Empfehlung einer Ethikkommission, bei der frühere Spitzenpolitiker nach ihrer Amtszeit alle Tätigkeiten in der Wirtschaft anmelden müssen. Die Kommission war nach dem umstrittenen Wechsel des Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) in den Bahn-Vorstand eingerichtet worden. Pofalla war vom Kanzleramt zu dem Großunternehmen gewechselt.

Im Fall von Schmidt, der vor seinem Ministeramt Staatssekretär im Wehrressort war, wurde eine gemischte Entscheidung getroffen.

  • Demnach darf Schmidt als Anwalt arbeiten, allerdings sind Fälle ausgeschlossen, die inhaltlich seine Tätigkeit im Agrar-Ressort betreffen.
  • § Zudem darf er im Vorstand bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung tätig sein und gegen Honorar als Redner zu verschiedenen Anlässen auftreten, so die Beschlussvorlage für das Kabinett.

Mit der Entscheidung setzt das Kabinett in einem weiteren Fall eine Änderung des Bundesministergesetzes um. Demnach müssen Minister, die innerhalb von 18 Monaten nach Ausscheiden einer neuen Tätigkeit nachgehen wollen, einen Antrag bei der Ethikkommission stellen. Diese entscheidet, ob ein Interessenkonflikt droht und der Betreffende eine Zwangspause einlegen muss.

In den letzten Monaten hatte das Kabinett die neuen Karrieren von Ex-Ministern in mehreren Fällen empfindlich verzögert. Sowohl bei Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der Verwaltungsrat beim geplanten Schienenfahrzeughersteller Siemens-Altsom werden soll, als auch bei Ex-Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der zur Telekom will, verhängte das Kabinett eine zwölfmonatige Karenzzeit.

Umstrittene Personalie

Die Personalie Schmidt ist schon seit Monaten umstritten, steckt doch der Versuch der Politik dahinter, mehr Einfluss auf die Entscheidungen bei der Bahn zu nehmen. Bislang waren zwei Unternehmer im Kontrollgremium: der ehemalige TUI-Manager und SPD-Mann Michael Frenzel und der Ex-RWE-Boss Jürgen Großmann. Sie wurden relativ unsanft aus ihren Ämtern verdrängt, um Platz zu machen für Schmidt und einen Vertreter der CDU: Eckhardt Rehberg aus Mecklenburg-Vorpommern.

Frenzel und Großmann protestierten öffentlich gegen ihren Rauswurf. Doch es half nichts. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD und Union festgehalten, dass die Bahn ihre Fahrgastzahlen bis 2030 verdoppeln soll, auch wenn das Gewinne schmälern sollte.

Für Frenzel und Großmann bedeutet dies "ein Schritt in Richtung Staatsbahn" - also in jene Zeiten, die vor einem Vierteljahrhundert mit der Bahnreform und der Aufstellung als Aktiengesellschaft beendet werden sollte. Dass Schmidt nun erst einmal nicht kommt, dürfte im unternehmerisch geprägten Teil des Aufsichtsrats, der in die Minderheit geraten soll, für stille Genugtuung sorgen.

Es gibt Geld - und eine Bahncard

Einen möglichen Interessenskonflikt mit seiner vorherigen Tätigkeit als Minister gibt es bei Schmidt in der Tat. So setzte er sich als Agrarminister für eine längere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat ein. Davon profitiert bis heute auch die Deutsche Bahn massiv, weil sie das Pestizid im großen Stil einsetzt, um ihre Gleisanlagen von Unkraut frei zu halten.

Verglichen mit der Größe des Unternehmens fällt das Salär für die Aufsichtsräte fast bescheiden aus, neben den Auslagen und einer BahnCard 100 First erhalten die Mitglieder des Kontrollgremiums eine feste jährliche Vergütung von 20.000 € sowie eine erfolgsorientierte jährliche Vergütung, die aber auf 13.000 Euro begrenzt ist.

Schmidt selber meldete sich nach Erscheinen des SPIEGEL-Berichts und sagte, er akzeptiere selbstverständlich die Auflagen, die ihm das Kabinett gesetzt habe.


Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Ronald Pofalla sei direkt vom Kanzleramt zur Deutschen Bahn gewechselt. Tatsächlich verließ er das Kanzleramt im Dezember 2013 und fing im Januar 2015 bei der Bahn an.

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